Die Akzeptanz für autonome Verkehrsmittel ist in Deutschland hoch. Laut einer repräsentativen Bitkom-Umfrage im Vorfeld der IAA wären 99 Prozent der Deutschen bereit, zumindest ein autonomes Verkehrsmittel zu nutzen. Besonders groß ist die Offenheit für autonome U- und S-Bahnen, in die 72 Prozent einsteigen würden. Auch Busse finden Zuspruch: 70 Prozent können sich einen autonomen Linienbus vorstellen, 68 Prozent einen Shuttle-Bus. Rund 57 Prozent würden ein autonomes Auto nutzen, 56 Prozent ein Taxi. Weniger Zustimmung gibt es bei Zügen (44 Prozent), Schiffen (34 Prozent) und Flugzeugen (27 Prozent).
Gespalten zeigt sich die Bevölkerung bei der Frage nach der Zukunftsfähigkeit des autonomen Fahrens: 53 Prozent halten es für den künftigen Standard, 43 Prozent hingegen für einen überschätzten Hype. Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst betont: „Autonomes Fahren ist längst keine Utopie mehr. Neben den Entwicklungen in den USA, China oder auch Singapur zeigen zahlreiche Pilotprojekte auch in Deutschland eindrucksvoll das Potenzial dieser Technologie.“
Digitalisierung als Chance für die Mobilität
Grundsätzlich sehen 86 Prozent der Deutschen in der Digitalisierung eine Chance für die Mobilität. Drei Viertel sind überzeugt, dass die deutsche Automobilindustrie nur mit digitalen Innovationen im Wettbewerb bestehen kann. Ebenso viele halten Kooperationen mit Tech-Unternehmen für unverzichtbar. Gleichzeitig meint die Hälfte, die Branche sollte sich wieder stärker auf klassische Werte wie Ingenieurskunst und Qualität besinnen. Wintergerst sagt: „Digitale Technologien sind unverzichtbar, um diese Stärken ins 21. Jahrhundert zu übertragen.“
Doch die Digitalisierung birgt auch Risiken. 62 Prozent der Befragten befürchten, dass eine Schwäche der Automobilindustrie die deutsche Wirtschaft insgesamt gefährden könnte. Als Bedrohungen gelten vor allem die Abhängigkeit von Rohstoffen, Handelskonflikte und Einschränkungen beim Verbrennungsmotor. Auch der Mangel an IT-Fachkräften und die komplexen Anforderungen des vernetzten Fahrens werden als Herausforderung gesehen. Im globalen Wettbewerb um das autonome Fahren trauen nur elf Prozent den deutschen Herstellern den Sieg zu. Ein Drittel sieht chinesische Anbieter vorne, 16 Prozent US-Unternehmen wie Tesla oder Rivian.
Bedingungen für den Verzicht aufs Auto
Zwei Drittel der Autobesitzer wären unter bestimmten Voraussetzungen bereit, auf ihren Privat-Pkw zu verzichten. Ein besserer und zuverlässigerer öffentlicher Nahverkehr spielt dabei die größte Rolle. Auch günstigere Tickets, flexiblere Taxis oder mehr Sharing-Angebote könnten die Bereitschaft erhöhen. Für 40 Prozent wäre ein deutlicher Anstieg der Kosten für das Autofahren ein entscheidender Faktor.
Sharing ist für viele bereits Alltag: Ein Drittel nutzt Fahrräder, E-Scooter oder Autos im Sharing-Modell, wo entsprechende Angebote vorhanden sind. Drei Viertel sehen darin eine gute Alternative zu klassischen Verkehrsmitteln, ebenso viele halten Sharing für umweltfreundlich und kostensparend. „Sharing ist längst kein Nischenphänomen mehr. Es hat das Potenzial, den Fahrzeugbesitz auf lange Sicht grundlegend zu verändern – wenn Politik und Wirtschaft den Ausbau jetzt konsequent unterstützen“, so Wintergerst.
Künstliche Intelligenz im Auto
Auch Künstliche Intelligenz im Auto stößt auf breite Zustimmung. 88 Prozent wünschen sich Unterstützung bei der Parkplatzsuche, 83 Prozent smarte Ampeln und 79 Prozent Systeme, die Fahruntüchtigkeit erkennen. 76 Prozent befürworten ein automatisches Eingreifen der KI zur Unfallvermeidung, 68 Prozent sehen sie als Assistenz beim Fahren. Mehr als die Hälfte möchte, dass KI bei riskantem Verhalten ins Steuer eingreift oder automatisch einen Werkstatttermin bucht. „Künstliche Intelligenz kann Autofahren sicherer, komfortabler und ressourcenschonender machen“, so Wintergerst.
Investitionen in digitale Infrastruktur
Damit neue Technologien ihr Potenzial entfalten können, ist eine moderne Infrastruktur entscheidend. Ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro über zwölf Jahre soll auch in den Verkehr fließen. Die Bevölkerung wünscht sich Investitionen in Autobahnsanierungen, smarte Ampeln und neue Angebote im öffentlichen Nahverkehr, darunter autonome Sammeltaxis. Ebenso hoch im Kurs stehen der Ausbau des Mobilfunknetzes entlang von Straßen und Bahnstrecken sowie Mobilitätsstationen, die den Wechsel zwischen Verkehrsmitteln erleichtern.
„Die Bevölkerung wünscht sich mehr digitale Mobilität. Jetzt ist die Politik gefordert, nicht nur in Asphalt und Beton zu investieren, sondern in die Bits und Bytes einer digitalen Mobilität“, sagt Wintergerst. Damit Deutschland beim autonomen Fahren eine führende Rolle einnehmen könne, brauche es große Modellregionen und eine langfristige Finanzierung.