Wie riskant sind Frankreichs Wahlen?

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Macron oder Le Pen? Was es für die Finanzmärkte bedeutet, wenn einer der beiden das Rennen macht.

Im Gegensatz zu 2017 scheint die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahlen auf den ersten Blick weniger Sorgen zu bereiten, meint Benjamin Melman, Global Chief Investment Officer von Edmond de Rothschild Asset Management. Er geht auf die Wahlprogramme beider Kandidaten ein und erklärt, ob und wie sich die Wahl auf die Finanzmärkte auswirken könnte.

„Emmanuel Macron ist jetzt der Kandidat der Kontinuität, während Marine Le Pen nicht mehr für den Frexit plädiert. Außerdem ist es wahrscheinlich, dass keiner von beiden in der Lage sein wird eine Mehrheit in der Nationalversammlung zu erreichen. Beide müssten Kompromisse eingehen, um eine funktionierende parlamentarische Mehrheit zu erreichen, vorausgesetzt, eine Mehrheit kann gebildet werden. Sollten Anleger die Wahlen in Frankreich also ignorieren?

Sind die Wirtschaftsprogramme der Kandidaten überhaupt relevant?

Beide versprechen grundlegende Veränderungen vorzunehmen, jedoch haben ihre Wahlprogramme auch eine Reihe von Maßnahmen gemeinsam, wie die Senkung der Produktions- und Erbschaftssteuer und die Abschaffung der Rundfunkgebühren. Marine Le Pens Plan, die Autobahnen zu verstaatlichen, hebt sie jedoch ab. Diese Maßnahme hätte natürlich große Auswirkungen auf die betroffenen Unternehmen. Und die für die Umsetzung ihrer Maßnahmen erforderlichen Ausgaben würden die durch die jüngsten Konjunkturpakete bereits aus dem Gleichgewicht geratenen Staatsfinanzen ernsthaft beeinträchtigen. Was Emmanuel Macron betrifft, so würde sein Versprechen die Steuern zu senken, teilweise durch eine Rentenreform ausgeglichen werden.

Frankreichs Defizit lag 2021 bei 6,5 % des BIP, so dass es keinen haushaltspolitischen Spielraum gibt. Da die EZB ihre Liquiditätshilfen auslaufen lässt, werden die Staatsfinanzen nun eine größere Rolle bei der Entwicklung der Anleihespreads spielen. Dennoch erwarten wir, dass die Märkte zumindest anfangs nicht überreagieren werden. Schließlich handelt es sich um Wahlversprechen, die zwangsläufig angepasst werden, sobald sich eine neue parlamentarische Mehrheit gebildet hat.

Die Einstellung zu Europa könnte den Unterschied machen

Marine Le Pens Wahlkampf hat europäischen Fragen nicht viel Raum gegeben, aber Teile ihres Programms werfen Fragen auf: Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, die Kürzung der finanziellen Beiträge Frankreichs an die Europäische Kommission und die Beendigung des Vorrangs des EU-Rechts vor dem französischen Recht stehen im Widerspruch zu den Prozessen der Europäischen Union.

Nehmen wir an, dass Marine Le Pen zur Präsidentin gewählt wird und eine funktionierende parlamentarische Mehrheit erhält, um diese Vorschläge den EU-Ländern vorzulegen. Es besteht kaum eine Chance, dass eine Mehrheit der EU-Länder sie akzeptieren würde, und selbst die, die es täten, wären nicht völlig einverstanden. Ungarn und Polen zum Beispiel sind am meisten für die Wiedereinführung des Vorrangs des nationalen Rechts vor dem EU-Recht, aber am meisten gegen Kürzungen der Finanzbeiträge an Brüssel. In diesem besonderen Fall könnten die europäischen Institutionen, die das Fundament der gemeinsamen Währung bilden, lahmgelegt werden. Ein Sieg von Marine Le Pen würde auch die Volatilität von französischen Staatsanleihen und Staatsanleihen von Peripherieländern wie Italien in die Höhe treiben. Die Prämien für deutsche Bundesanleihen würden weiter ansteigen, bis das Risiko einer Lähmung nachlässt.

Wie reagiert der Markt?

Der Abstand zwischen den beiden Kontrahenten in den Meinungsumfragen ist derzeit recht gering, aber die Spreads zwischen französischen OAT Anleihen und deutschen Bundesanleihen sind im Moment nur halb so groß wie 2017, als die Unsicherheit über die beiden Finalisten größer war. Was die Aktienmärkte betrifft, so hatte der französische Leitindex CAC 40 eine oder zwei Handelssitzungen, die volatiler waren als anderswo in Europa.

Jede Rückkehr des politischen Risikos in Europa, das auf den Märkten noch nicht eingepreist ist, hängt davon ab, ob Marine Le Pen

(i) gewinnt,

(ii) eine parlamentarische Mehrheit erhält, um eine Regierung zu bilden, und

(iii) an ihren Zielen in Bezug auf Europa festhält.

Es gibt hier so viele „Wenns“, sodass die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios gering ist.
In der Zwischenzeit haben wir das Engagement in französischen Anleihen und Anleihen der Peripherieländer in unseren Portfolios reduziert. Auch ohne politisches Risiko könnte der Druck auf die EZB, die Geldpolitik weiter zu straffen, zu einer Ausweitung der Spreads gegenüber Deutschland führen.“

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