„Als ich anfing, war es geradezu exotisch, sich mit Frauen zu beschäftigen“

Heide Härtel-Herrmann ist seit über 30 Jahren als Beraterin tätig. Mit Cash. hat sie über ihren Werdegang, Frauen in der Finanz- und Versicherungsbranche und die Bedürfnisse weiblicher und männlicher Kunden gesprochen.

Heide Härtel-Herrmann: "Vor 30 Jahren gab es eine regelrechte Versorgungs- beziehungsweise Beratungslücke für Frauen. "
Heide Härtel-Herrmann: „Vor 30 Jahren gab es eine regelrechte Versorgungs- beziehungsweise Beratungslücke für Frauen. „

Cash.: 1986 haben Sie den Frauenfinanzdienst gegründet. Wie kam es dazu?

Härtel-Herrmann: Zum einen hat Wirtschaft mich schon immer interessiert, deswegen habe ich Ökonomie studiert – eine Kombination von Volks- und Betriebswirtschaft. Zum anderen war ich vorher in anderen Bereichen tätig, was mir keine Freude mehr bereitete.

Dann bekam ich die Chance, bei einem Makler zu arbeiten, der sich auf die Fahnen geschrieben hatte, seriös und fair zu beraten. Dort habe ich sehr viel gelernt und mich nach ungefähr einem Jahr selbstständig gemacht.

Ich habe schon vorher immer selbstständig gearbeitet, sodass der Schritt in die Selbstständigkeit keine Überwindung für mich war. Ich eigne mich nicht als Angestellte.

Sie sind nun schon über 30 Jahre in der Beratung aktiv. Was hat sich seither bei Ihren Kundinnen verändert?

Die Berufsorientierung von Frauen hat in dieser Zeit zugenommen. Mehr Frauen haben eine gute Ausbildung und Karriereambitionen und verfügen dadurch über ihr eigenes Einkommen und Vermögen. So ist für viele Frauen die Geldanlage ein Thema geworden, mit dem sie sich aktiv beschäftigen.

Grundsätzlich gibt es innerhalb der Gruppe der Frauen allerdings Unterschiede, die viel größer sind als zwischen Männern und Frauen. Die Bedürfnisse von Frauen und Männern haben sich in den letzten 30 Jahren sehr verändert, einfach weil wir in anderen Zeiten leben. Auch die Branche hat sich in dieser Zeit bewegt. Als ich angefangen habe, war es geradezu exotisch, sich auch mal mit Frauen zu beschäftigen.

Ich erinnere mich gut an Veranstaltungen zur Berufsunfähigkeit, auf denen Produktgeber ihre Lösungen vorgestellt haben oder Referenten über das Thema gesprochen haben – lange vor der Einführung der Unisex-Tarife. Keiner hat sich dort die Mühe gemacht, zu erwähnen, dass die Beispielrechnungen sich auf einen Mann beziehen. Ich bin dann immer gern aufgestanden und habe die Redner darauf aufmerksam gemacht.

Es gab damals eine regelrechte Versorgungs- beziehungsweise Beratungslücke für Frauen. Das habe ich erkannt und mich auf die Beratung von Frauen spezialisiert. 1988 haben wir dann das erste Netzwerk gegründet, um etwas zu bewegen. Wir haben sehr intensive Medien- und Pressearbeit gemacht und damit sicherlich zur Veränderung in der Branche beigetragen – auch in Bezug auf Unisex-Tarife.

Seite zwei: „Die Unabhängigkeit der Beratung ist entscheidend

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