Einigkeit auf dem Hansa-Forum: „Noch viel raue See voraus“

Die Wettbewerbsfähigkeit des maritimen Wirtschaftsstandorts Deutschland und die Finanzierbarkeit der Schifffahrt mit heimischen Mitteln standen im Vordergrund des diesjährigen Hansa-Forums am 17. November 2011 mit knapp 700 Teilnehmern in Hamburg.

Das Podium des 15. Hansa-Forums am 17. November 2011
Das Podium des 15. Hansa-Forums am 17. November 2011

Als Motto für den traditionsreichen Schiffsfinanzierungskongress hatten die Veranstalter vom Fachmagazin „HANSA“ die Frage „Kurswechsel in der deutschen Schifffahrt?“ gewählt. Dessen stellvertretender Chefredakteur Nikos Späth, der langjährige ehemalige Hauptgeschäftsführer des Reederverbands VDR Dr. Bernd Kröger und der freie Journalist Michael Hollmann führten gekonnt, kompetent und erfrischend durch die drei Panels und Diskussionsrunden.

Deren Themen lassen für Heiterkeit indes wenig Raum, denn die aufkeimende Erholung der Weltwirtschaft strahlte zwar auf die Schifffahrtsmärkte aus, währte jedoch nur ein knappes Jahr und wurde abrupt durch die Schuldenkrise im Euro-Raum sowie in den USA gebremst. Insbesondere bei mittelständischen Reedern und einigen Schiffsfondsinitiatoren sind die Sorgenfalten in dieser Zeit tiefer geworden. Eine zweite Sanierungswelle bei Schiffsfondsgesellschaften steht bevor.

Willem Slendebroek von der niederländischen Beratungsfirma Dynamar BV konnte in seiner Präsentation keinen Optimismus verströmen: Denn die Welthandelsflotte wächst zwar abhängig vom jeweiligen Segment unterschiedlich stark aber insgesamt stärker als das Ladungsangebot. Damit würden die Märkte noch auf einige Zeit unter Druck stehen.

Die Teilnehmer der ersten Diskussionsrunde betonten die Bedeutung der im Jahr 1999 in Deutschland eingeführten Tonnagesteuer für die Zukunftsfähigkeit des Schifffahrtsstansortes Deutschland. Ralf Nagel, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), sprach sich entschieden für den Fortbestand dieser Errungenschaft aus. Mit Blick auf das schwieriger werdende Wettbewerbsumfeld und die Verunsicherung in den Märkten sprach sich der Verbandschef für einen engen Schulterschluss aller mit der maritimen Wirtschaft verbundenen Einrichtungen aus: „Wenn die See rau ist, müssen alle noch mehr zusammenstehen“, so Nagel.

Das zweite Panel hatten die Veranstalter mit dem provokanten Titel „Financed in Germany – der Anfang vom Ende?“ überschrieben. Für Reedereien und Emissionshäuser wird es zunehmend schwieriger, dringend benötigtes Kapital zu beschaffen. Andererseits würdigten die Initiatoren unter den Diskussionsteilnehmer das besonnene Verhalten der Schiffsbanken in den zurückliegenden drei Krisenjahren. Den seither befürchteten Ausverkauf und Zusammenbruch der Schifffahrt habe es nicht gegeben. Die Bankenvertreter Oliver Faak (Nord/LB), Christian Nieswandt (HSH Nordbank) und Dr. Carsten Wiebers von der KfW IPEX-Bank räumten zudem mit dem Gerücht auf, dass ein Kreditinstitut gezwungen sei, den Kreditvertrag zu kündigen und das Schiff zu verwerten, wenn das Darlehen während eines Zeitraums von drei Jahren nicht immer vereinbarungsgemäß getilgt worden sei.

Im Rahmen der Vorstellung einer Studie zum Sanierungskapitalbedarf von Schiffsfonds, die das Analysehaus Deutsche Fonds Research (DFR) und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft TPW erstellt haben, kündigte DFR- Geschäftsführer Nils Lorentzen eine zweite Sanierungswelle an.

Im dritten Panel drehte sich alles um die Frage, ob „Internationales Geld als Rettungsanker“ zu sehen sei. Mit großer Aufmerksamkeit folgten die Forumsgäste den Ausführungen der chinesischen Bankmanagerin Li Li von der staatlichen Export-Import Bank of China (CEXIM), die Schiffsfinanzierungsverträge mit asiatischen, europäischen und nordamerikanischen Unternehmen geschlossen habe. Zu den deutschen Kunden gehöre beispielsweise die Reederei Bernhard Schulte.

Im der anschließenden Diskussionsrunde wurde deutlich, dass es die eine Finanzierungslösung für deutschen Reeder nicht gibt. Die Einbeziehung von Private-Equity-Gesellschaften hielten die Fachleute für durchweg schwierig. Zudem müssten die Unternehmen einfach wissen, dass solche Fonds eher kurz- und mittelfristig angelegt sind. Börsengänge sei für die Mehrheit der kleinen und mittelgroßen deutschen Reedereien keine Alternative. Als Chance wurde indes eine Art Genossenschaftsmodell, ein Zusammenschluss kleiner und mittelständisch Schifffahrtsunternehmen identifiziert. Neben den betriebswirtschaftlich wirksamen Skaleneffekten hinsichtlich verbesserter Einkaufsbedingungen könnten solche Konstrukte günstigere Verhandlungsposition gegenüber Banken verschaffen, wenn es um die Vergabe neuer Kredite geht.

Uneinigkeit herrschte jedoch bei der Frage, wie lange die Durststrecke in der Schifffahrt noch andauern würde. Im ungünstigsten Fall dürften noch drei harte Jahre vor der Branche liegen, so die Meinung der Diskussionsteilnehmer auf dem Podium. (af)

Foto: C. Stelling / HANSA

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