Ökoworld: „Best in Class darf kein Freifahrtschein sein“

Cash.: Wie beurteilen Sie die Aussichten für das Unternehmen BP, das Vertrauen von nachhaltig orientierten Anlegern beziehungsweise Researchern zurückzugewinnen?

Prudent: Selbst wenn BP ab sofort naturtrüben Fruchtsaft aus ökologischem Anbau verkaufen würde: Das Drama wird schwer in Vergessenheit geraten. Dass BP die Angriffe von Politikern und aus der eigenen Branche unbeschadet übersteht, können sich Branchenkenner kaum mehr vorstellen. Die Devise scheint: Raus aus BP. Fast fünfzig Prozent seines Börsenwertes hat der Konzern seit dem 20 April 2010 verloren. Für weitere Verunsicherung am Markt sorgte die Ratingagentur Fitch. Sie stufte das Rating des Ölkonzerns am Dienstag erneut herab, von AA auf BBB. Damit liegt die Bonitätsnote nur noch zwei Stufen über Ramschstatus. Nach Schätzungen von Analysten kommen Forderungen zwischen fünf und 40 Milliarden US-Dollar auf BP zu.

Cash.: Was bedeuten diese Zahlen für den Anleger?

Prudent: Der Konzern erwägt inzwischen eine Aussetzung der Dividende. Besonders hart würde dies im übrigen britische Rentner treffen. Bisher zeichnete BP im Durchschnitt für zwölf Prozent des Dividendeneinkommens britischer Pensionsfonds verantwortlich. Wenn die Briten zudem ihre gesamten Barmittel in einen Fonds einzahlen und die Kontrolle über ihre Öl- und Gasförderung in den USA abgeben müssen und obendrein noch von öffentlichen Aufträgen in Amerika ausgeschlossen werden, bleibt ihnen wohl nicht mehr viel übrig.

Cash.: Wird es aus Ihrer Sicht weiterhin Erdöl im grünen Mantel geben?

Prudent: Für uns stellt sich diese Frage seit jeher. Wir hoffen, dass die Vorkommnisse im Golf von Mexiko und die beinahe Katastrophe auf der von Statoil betriebenen Plattform Gullfaks C in der Nordsee kurze Zeit nach dem BP Desaster endlich dazu führen, dass die Ölindustrie aus allen Nachhaltigkeitsfonds konsequent ausgeschlossen wird. Best in Class darf kein Freifahrschein für solchen Etikettenschwindel sein. Denn Erdöl wird niemals grün werden. Die Explosion und der dramatische Untergang der Ölplattform „Deepwater Horizon“ ist die Folge verantwortungslosen Risikomanagements der Betreiber Halliburton, Transocean und BP. Unabhängig von den ohnehin hohen Risiken einer Tiefsee-Bohrung soll BP erhebliche Zusatzrisiken aus Kostengründen bewusst mit in Kauf genommen haben. Was bitte hat das mit Nachhaltigkeit zu tun? Wirklich nachhaltig ist es zum Beispiel in Wasser oder Erneuerbare Energien zu investieren. Der fossile Energieträger Öl ist ersetzbar. Wasser nicht. Wasser ist ein nachhaltiges Anlagethema – Öl nicht. Erneuerbare Energien sind unendlich – Öl ist endlich.

Interview: Frank O. Milewski

Fotos: Shutterstock; Versiko

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