Inflationsziele verteidigen

Richtig ist, dass es nach Bilanzrezessionen schwierig ist, die Konjunktur wieder zu beleben und die Inflation auf das gewünschte Niveau zu bringen. Vor allem hoch verschuldete Haushalte, Unternehmen und Staaten können dazu wenig zusätzliche Nachfrage beitragen. Damit sich dies aber ändert, dürfen Inflationsziele nicht abgesenkt werden.

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Niedrige Inflationsziele verlangsamen strukturelle Anpassungen beispielsweise bei der Wettbewerbsfähigkeit einzelner Branchen und Länder. Die gegenwärtige Situation in der Eurozone ist dafür das beste Beispiel. Verringerte Inflationsziele würden auch die reale Schuldenlast nur noch erhöhen.

Schuldner genau wie Sparer müssen sich auf ein gewisses Inflationsniveau verlassen können. Welches kurzfristige Zinsniveau damit kompatibel ist, lässt sich dabei nie genau vorhersagen.

Diskussion verfehlt Thema

Es ist in jedem Konjunkturzyklus anders. Zentralbanken haben daher nicht die Aufgabe, ein bestimmtes Zinsniveau anzusteuern oder Zinsen mechanistisch anzupassen. Stattdessen sollten sie in Phasen, in denen die Inflation unterhalb ihres Ziels ist, die Wirtschaft mit zusätzlichen Zinssenkungen stimulieren, sodass Unternehmen und Haushalte einen Anreiz haben, mehr zu investieren und zu konsumieren.

Bei einer sehr niedrigen Kapitalrentabilität kann das offensichtlich auch länger zu negativen Zinsen führen. Wenn diese wiederum politisch unerwünscht sind, dann sollte sich die Diskussion eher darum drehen, welche anderen wirtschaftspolitischen Maßnahmen die Inflationsraten wieder erhöhten. Eines ist klar – eine Mietpreisbremse gehört nicht dazu, höhere Löhne dagegen schon eher.

Karsten Junius ist Chefökonom bei der Bank J. Safra Sarasin, Schweiz.

Foto: Bank J. Safra Sarasin

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