So spielt man den Brexit-Blues

Während der zurückliegenden Monate war es größtenteils schwierig, ein Gespräch über den Ausblick für Großbritannien zu führen – oder auch für Europa –, ohne einen Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union (EU) zu diskutieren. Gastkommentar von Mike Amey, Pimco.

Mike Amey untersucht die Folgen eines möglichen Brexits.
Mike Amey untersucht die Folgen eines möglichen Brexits.

Die Ungewissheit bezüglich des Abstimmungsergebnisses – einem Votum für einen EU-Austritt messen wir weiterhin eine Wahrscheinlichkeit von 40% bei – hat die Wirtschaftsaktivität bereits gebremst, die Bewertungen britischer Banken unter Druck gesetzt, die Liquidität in auf Pfund Sterling lautenden Unternehmensanleihen verringert und die Landeswährung in die Knie gezwungen.

Der einzige Markt, der hiervon nicht übermäßig beeinträchtigt wurde, war der britische Aktienmarkt. Denn wegen des multinationalen Charakters vieler in Großbritannien notierter Unternehmen übt das Brexit-Referendum zwei gegensätzliche Einflüsse auf die Bewertungen aus: Die unsicheren Aussichten für den britischen Handel werden durch den positiven Effekt der Währungsschwäche auf die internationalen Einnahmen ausgeglichen.

Die Konsequenzen eines Brexits

Wenngleich sich die Briten in unserem Basisszenario für einen Verbleib in der Staatengemeinschaft aussprechen, widmen wir dem Gedanken viel Zeit, welche Konsequenzen ein Ja zum Brexit hätte. Von den beiden konkurrierenden Ansichten hierzu – dass es ein Ereignis von globaler Systemrelevanz wäre beziehungsweise dass die Auswirkungen auf die globalen Märkte trotz der Bedeutung für das Vereinigte Königreich gedämpft blieben – teilen wir die letztere. Dies ist zum Teil in unserem Glauben begründet, dass sich jegliche Verhandlungen als langwierig und schwerfällig erweisen würden. Denn zum einen hätte ein Votum, sich aus der EU zu lösen, vermutlich eine Führungskrise innerhalb der Konservativen Partei zur Folge. Zum anderen gibt es in Großbritannien nicht einmal ein Handelsministerium, das die Verhandlungen führen könnte. Kurzum – diese Dinge bräuchten Zeit!

Wie Investoren am besten handeln

Nichtsdestotrotz dürfte es im Vorfeld sowie im Verlauf der Abstimmung am 23. Juni zu erhöhter Volatilität kommen. Wie können sich die Anleger hierfür positionieren?

In unseren Portfolios haben wir uns bemüht, Positionen, die von einem Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Gemeinschaft profitieren könnten, mit anderen zu kombinieren, die das Verlustrisiko begrenzen, wenn die Briten für einen Austritt stimmen. Einige Beispiele hierfür sind:

· Erwerb britischer Bankanleihen: Wir betrachten die jüngste Underperformance bei britischen Bankanleihen als Gelegenheit, da nachrangige Titel britischer Großbanken derzeit mit Renditen von 8% und höher gehandelt werden. Während ein Ja zum Brexit Mark-to-Market-Volatilität hervorrufen wird, erkennen wir kein materielles Kapitalverlustrisiko.

· Halten von Engagements in britischen Zinspapieren: Des Weiteren bieten fünf- und zehnjährige UK-Staatsanleihen unserer Einschätzung nach gute Risiko-Ertrags-Chancen, da der Markt gegenwärtig eine 25-prozentige Wahrscheinlichkeit für eine Leitzinssenkung um 25 Basispunkte im laufenden Jahr einpreist. Angesichts der niedrigen Inflation ist die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung während der bevorstehenden 12 Monate unseres Erachtens sehr gering – unabhängig davon, welchen Ausgang die Abstimmung im Juni nehmen wird. Für den Fall, dass sich die Briten für einen EU-Austritt aussprechen, gehen wir davon aus, dass die Bank of England ihren Leitzins auf null senken wird, was die Kurse britischer Staatsanleihen in die Höhe treiben könnte.

· Verkauf von britischen Pfund gegenüber dem US-Dollar: Portfolios, die weniger liquide, britische Vermögenswerte oder ein beträchtliches Engagement in britischen Banken halten, können sich unserer Auffassung nach am besten absichern, indem sie ihre Bestände an Pfund gegenüber dem US-Dollar veräußern. Für den Fall, dass die Briten für ein Verlassen der Staatengemeinschaft stimmen, rechnen wir mit einer 10-prozentigen Abwertung des britischen Pfunds gegenüber dem US-Dollar.

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Gewiss lässt sich der Ausgang des Referendums am 23. Juni nicht mit Sicherheit vorhersagen. Dennoch glauben wir, dass sich Portfolios mithilfe einer Kombination derartiger Strategien entsprechend strukturieren lassen, um von einem Verbleib Großbritanniens in der EU profitieren zu können und im Falle des alternativen Ausgangs abgesichert zu sein. Mike Amey ist Managing Director und Leiter des UK-Portfoliomanagements bei Pimco.

Foto: Pimco

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