Weitere Zinssenkungen in der Schweiz möglich

Sollte die hohe Nachfrage nach Schweizer Franken anhalten, so steht die SNB abermals unter Zugzwang. In diesem Fall wären Interventionen am Devisenmarkt oder Zinssenkungen keinesfalls ausgeschlossen. Gastkommentar Ursina Kubli, Bank J. Safra Sarasin

Ursina Kubli analysiert die aktuelle Situation der Schweizer Notenbank.
Ursina Kubli analysiert die aktuelle Situation der Schweizer Notenbank.

Ausländische Banken, dürften bei einer weiteren Zinssenkung die Kosten an ihre Kunden weitergeben, da diese Bankengruppe bereits 50 Prozent der Kosten der negativen Zinsen tragen. Die Kunden könnten dann ihre Franken-Bestände in andere Währungen verschieben. Dies sollte zu einer Abschwächung des Frankens führen.

Sichtguthaben angestiegen

Eigentlich ließ der Anstieg des EUR-CHF-Frankenkurses auf zwischenzeitlich nahezu 1,08 auf eine nachlassende Franken-Nachfrage hoffen. Tatsächlich haben die jüngsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der SNB in die Hände gespielt. Die EZB hat in ihrer März-Sitzung die langsame Normalisierung ihrer Geldpolitik angedeutet, die holländischen Wahlen verliefen ohne politischen Schock, während das US Fed vergangene Woche die Zinsen um weitere 25 Basispunkte anhob. Damit sollten sich die zwei Hauptfaktoren für die hohe Franken-Nachfrage – die politischen Risiken und die geringen Zinsunterschiede – zumindest vorübergehend abschwächen. Doch die SNB-Sichtguthaben sind auch in der vergangenen Woche um 1,8 Milliarden Franken angestiegen und deuten auf weiterhin umfangreiche Deviseninterventionen der Nationalbank hin.

Die hohe Franken-Nachfrage dürfte nicht so rasch abklingen. Die Devisenmärkte werden die Risiken der französischen Wahlen, mögliche Instabilitäten in Italien sowie die Fragen um Brexit und die Unsicherheiten bezüglich der US Handelspolitik nicht ignorieren. Zudem bleiben die Zinsunterschiede zwischen der Eurozone und der Schweiz zu gering, um die Nachfrage nach dem Franken zu bremsen. Will die SNB in Zukunft keine deutliche Währungsaufwertung zulassen, wird sie zwischen kontinuierlichen Deviseninterventionen und weiteren Zinssenkungen abwägen müssen.

Investoren relativ unflexibel

Eine weitere Zinssenkung der SNB könnte den Franken über zwei Kanäle beeinflussen. Erstens könnten Schweizer Anleger vermehrt im Ausland investieren oder ausländische Anleger ihre Franken-Positionen reduzieren. Es dürfte schwierig sein, das Anlageverhalten der Schweizer Investoren zu ändern. Einerseits haben diese seit der Finanzkrise eine starke Präferenz für inländische Anlagen (so genannter Home Bias). Andererseits sind die Zinsaufschläge ausländischer Anlagen zu gering, um Schweizer Anleger für das damit einhergehende Währungsrisiko zu entschädigen.

Das Anlageverhalten der ausländischen Anleger könnte sich hingegen einfacher verändern lassen. Der Hauptgrund ist, dass die negativen Zinsen der SNB bei den ausländischen Banken hohe Kosten verursachen. Da die ausländischen Banken kaum inländische Kredite vergeben, sind ihre Mindestreserven bei der SNB – und damit die Ausnahmen von negativen Zinsen – sehr gering. Tatsächlich tragen die ausländischen Banken rund die Hälfte der gesamten Kosten der negativen Zinsen von rund einer Milliarde Franken pro Jahr.

Geben ausländische Banken die negativen Zinsen an ihre Kunden weiter, könnten diese ihre Franken-Bestände reduzieren. Damit hätte eine weitere Zinssenkung der SNB den gewünschten Währungseffekt zur Folge. Höhere Ausnahmen für die negativen Kosten könnten hingegen die zusätzlichen Kosten für die inländischen Banken lindern.

Ursina Kubli ist Ökonomin bei Bank J. Safra Sarasin AG, Schweiz

Foto: Bank J. Safra Sarasin

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