Prospekthaftung: Wie wichtig bleibt der BGH?

Ein neues BGH-Urteil zur Prospekthaftung bringt Entlastung für Altfälle, wirft jedoch einmal mehr Fragen zur Rechtssicherheit aktueller Emissionen auf. Der Löwer-Kommentar

„Es ist leichtfertig, wenn KVGen die BGH-Rechtsprechung aus der unregulierten Zeit vollends außer acht lassen und sich allein auf die Bafin verlassen.“

In dem vor einer Woche veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) geht es um den Prospekt eines geschlossenen Immobilienfonds. Darin war der prozentuale Anteil der „Weichkosten“ nicht in Relation zum Eigenkapital, sondern nur in Bezug auf den Gesamtaufwand (inklusive Fremdkapital) aufgeführt. Der angegebene Prozentsatz betrug daher statt 28,5 lediglich 11,2 Prozent.

Aus Sicht des BGH war das in Ordnung, da der Investitionsplan auf der gleichen Seite auch die absolute Höhe der Kosten sowie des Eigenkapitals enthielt und sich daraus der Prozentsatz „mittels eines einfachen Rechenschritts“ leicht errechnen ließ (II ZR 331/14). Das OLG München hatte das anders gesehen.

Doba-Fonds aus dem Jahr 2000

Damit entschieden die obersten Richter erneut zugunsten einer Darstellungsweise, die früher weit verbreitet war und verhindern, dass eine Vielzahl von Prospekten nachträglich zur Haftungsfalle wird. Anders als bei dem BGH-Urteil zu der Formulierung, dass ein Zweitmarkt „zur Zeit“ nicht existiert, wäre in diesem Fall allerdings keine weitere Klagewelle zu befürchten gewesen, wenn die Richter gegenteilig entschieden hätten.

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Es ging um einen Fonds der Doba Grund (Doblinger-Gruppe) aus dem Jahr 2000, also einen 16 Jahre alten Prospekt. Zwar dürften zu Fonds dieses Initiators bundesweit noch diverse weitere Klagen offen sein, und auch laufende Fälle anderer Anbieter könnten tangiert sein. Aber ab dem Jahr 2006 verlangte der Wirtschaftsprüferstandard IDW S4 in den Prospekten ohnehin die prozentuale Darstellung der Fondskosten auch in Bezug auf das Eigenkapital, und die Fälle vor 2006 sind verjährt, sofern sie nicht bereits gerichtsanhängig sind.

Seite zwei: Für aktuelle Emissionen relevant

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