Ausschließlichkeitsagenturen haben keinen Verkehrswert

Der Valentinstag ist vergangen, die Liebe folgt ihm nach: Scheitert die Ehe mit einem Partner, der Agenturinhaber ist, stellen sich schnell unromantische Fragen – etwa nach dem Verkehrswert der Versicherungsagentur.

Jürgen Evers, Kanzlei Blanke Meier Evers Rechtsanwälte

„Ob die Entscheidung des BGH ganz auf der Höhe der Zeit ist, mag bezweifelt werden. Sie lässt unberücksichtigt, dass Versicherer allgemein und der Versicherer im Streitfall ein Interesse an der Unternehmensfortführung haben.“

Der Verkehrswert oder neudeutsch „Goodwill“ verkörpert als sozusagen immaterieller Firmenwert letztlich monetarisierbare Nutzungsmöglichkeiten von Kundenkontakten oder Gewinnaussichten. Dabei stellt sich die Frage, ob sich solche Nutzungsmöglichkeiten im Versicherungsvertrieb von der Person eines Vertrieblers trennen lassen.

Ehefrau wollte Unternehmenswert wissen: Daraus wurde nichts

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nunmehr darüber entschieden, ob einer Agentur auf dem Vertriebsweg der Ausschließlichkeitsorganisation ein Goodwill beigemessen werden kann, der bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen ist oder zumindest ein Ausgleichsanspruch angesetzt werden muss.

Im Hinblick auf die Scheidung verlangte die Frau von Ihrem Ehemann, dem 62-jährigen Inhaber einer Ausschließlichkeitsagentur, Auskunft, um den Unternehmenswert oder wenigstens den Ausgleich beziffern zu können. Daraus wurde nichts. Alle Instanzen versagten ihr den Anspruch. Neben dem Substanzwert eines Betriebs kann ein Goodwill bei einer Ausschließlichkeitsagentur im Allgemeinen nicht angesetzt werden, resümiert die Entscheidung des BGH vom 4. Dezember 2013.

Bestandschancen sind personenabhängig

Hintergrund dieser Einschätzung ist für die Richter die besondere Konstellation im Ausschließlichkeitsvertrieb: Der Versicherer beauftrage einen Exklusivvertreter, weil er auf ihn persönlich und seine kaufmännischen Fähigkeiten vertraue.

Die Beziehung zu dem Unternehmen, die für den Vertreter einen erheblichen Wert verkörpere, sei daher grundsätzlich nicht von der Person zu lösen. Diese sei im Zweifel zu persönlichen Dienstleistungen verpflichtet. Das Agenturvertragsverhältnis sei daher rechtlich an die Person des Vertreters gebunden. Dieser könne den Betrieb nicht einseitig auf einen Nachfolger übertragen. Vielmehr bedürfe es dazu der Zustimmung und Mitwirkung des Versicherers.

Ausschließlichkeitsvermittler vergleichbar mit Arbeitnehmer

Da der wirtschaftliche Nutzen, den der Vertreter aus dem Kundenstamm ziehe, nicht von seiner Person gelöst werden könne, sei ein Goodwill nicht vorhanden. Der Senat vergleicht die Stellung des Ausschließlichkeitsvermittlers in seiner Begründung ausdrücklich mit der eines Arbeitnehmers: der Vertreter erwerbe kein eigenes Recht an dem ihm zugeschlüsselten Bestand und den darauf beruhenden Verdienstmöglichkeiten und Erwerbschancen.

Rechtlich und wirtschaftlich gehöre der Bestand allein dem Versicherer. Er müsse bei Beendigung des Agenturvertrages „an diesen zurückgegeben werden“.

Seite zwei: Agenturnachfolge ist zustimmungspflichtig

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