Superwahljahr in den Emerging Markets

Brasilien

In Brasilien ist die Lage ähnlich wie in Mexiko. Die Erholung der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas ist eng mit der Reformagenda der aktuellen Regierung verknüpft – und beides steht bei der Wahl am 7. Oktober 2018 zur Disposition. Die politische Situation in Brasilien ist ebenfalls nicht gerade stabil. Ex-Präsidentin Dilma Rousseff wurde des Amtes enthoben und ihr Nachfolger Michel Temer ist nach diversen Korruptionsanschuldigungen so geschwächt, dass er die wichtigste Reform der Rentenversicherung nicht durchsetzen kann.

Politische Zukunft von Lula da Silva ungewiss

Aktuell führt der ehemalige Präsident Lula da Silva von der Arbeiterpartei PT die Umfragen mit 43 Prozent der Stimmen an. Doch noch ist nicht klar, ob er wirklich kandidieren darf, da er – ebenfalls wegen Korruption – zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde. Nachdem er zuerst die Frist für den freiwilligen Haftantritt verstreichen ließ, stellte er sich nun der Polizei. Dass Lula, falls er antreten darf, überhaupt die Wahl gewinnen sollte, gilt als eher unwahrscheinlich, da 56 Prozent der Bevölkerung ihn kategorisch ablehnen und er somit spätestens in der Stichwahl scheitern dürfte.

Ein Sieg Lulas wäre aus Marktsicht auch nicht zu begrüßen, da er wohl viele der nötigen Reformen zurückdrehen würde. Aus Investorensicht wäre es besser, wenn Temer oder Joaquim Barbosa, der zwischen dem linkspopulistischen Lula und dem konservativen Temer steht, die Wahl gewinnen würden. Aber selbst dann dürfte das Reformtempo tendenziell abnehmen.

Fazit

Das Superwahljahr 2018 wird entscheidend für die weitere Entwicklung der Länder Lateinamerikas sein. Die Bevölkerung kehrt den traditionellen, in Korruption verstrickten Parteien vermehrt den Rücken zu und sucht nach neuen Gesichtern, teils populistisch ausgerichtet. Doch bis zu den Wahlen wird noch einige Zeit vergehen und die Umfragen sind als recht unzuverlässig einzustufen. Auch deswegen sind Überraschungen nicht ausgeschlossen. Diese können an den Kapitalmärkten zu erhöhten Schwankungen führen und müssen aus Investorensicht genau beobachtet werden.

René Lichtschlag ist Portfoliomanager Renten Emerging Markets und Lateinamerika-Experte bei Union Investment.

Foto: Union Investment

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