Versicherungsombudsmann: „Bei der BU geht es häufig um falsche Gesundheitsangaben“

Professor Dr. Günther Hirsch, seit April 2008 Versicherungsombudsmann, erläutert, wie sich die jüngsten Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) auf das Beschwerdeaufkommen ausgewirkt haben. Zudem stehen die Themen Falschberatung und Überschussbeteiligung im Fokus der Schlichtungsstelle.

Versicherungsombudsmann Professor Dr. Günther Hirsch: „Die meisten Vermittlerbeschwerden werden gegen gebundene Vermittler und Versicherungsvertreter geführt, weniger gegen Makler.“

Der im Mai dieses Jahres von Ihnen vorgestellte Jahresbericht 2012 hat einen Rückgang der Beschwerden um 2,7 Prozent gegenüber 2011 festgestellt. Welche Entwicklungen im Beschwerdeaufkommen stellen Sie jetzt, ein halbes Jahr später, fest?

Versicherungsombudsmann Dr. Hirsch: Für das laufende Jahr 2013 zeichnet sich bisher ein deutlicher Anstieg der Eingangszahlen ab.

Wie erklären Sie sich das?

Hierfür sind ersichtlich aktuelle BGH-Urteile zur Lebensversicherung mitursächlich. In der Lebensversicherung spielt das Thema Rückkaufswerte eine große Rolle, da in 2012 und 2013 richtungsweisende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs dazu ergangen sind, zuletzt am 11. September 2013.

Wir überprüfen insoweit rechnerisch – etwa die Themen Mindestrückkaufswert oder Stornoabzug –sowie rechtlich, seien es Verjährungsfristen oder Klauselwirksamkeit – die Entscheidung des Versicherers im Hinblick auf die neue Rechtslage. Dem erhöhten Beschwerdeaufkommen zu diesen Fragen steht eine Vermehrung der Fälle gegenüber, in denen ich dem Versicherungsnehmer zu einer Nachzahlung verhelfen konnte, häufig im Wege der Vermittlung einer gütlichen Einigung.

Welche Themen stehen bei den Versicherten darüber hinaus im Fokus?

Nach wie vor kommt den Themen Falschberatung bei der Vertragsvermittlung und Dokumentationsmängel große Bedeutung in der Beschwerdepraxis zu. In der Rechtsschutzversicherung wirft die zeitliche Zuordnung des Rechtsschutzfalles schwierige Probleme auf.

Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung geht es häufig um falsche Angaben bei Vertragsschluss zu den Gesundheitsfragen.

Laut Jahresbericht verringerten sich die Beschwerden gegen Versicherungsvermittler um rund zwölf Prozent auf 396 – der niedrigste Stand, seitdem Sie 2007 für diesen Bereich die Zuständigkeit übernommen haben. Wie ist das zu erklären?

Diese Zahl betrifft nur Beschwerden, die sich persönlich gegen den Vermittler wenden, in denen also ein spezielles Vermittlerverfahren durchgeführt wird, für das eigene Kompetenzen und Verfahrensregelungen gelten.

Häufig führen Beschwerden im Zusammenhang mit der Vermittlung des Vertrages allerdings zu einem Verfahren gegen den Versicherer und zählen demgemäß zu den Unternehmensbeschwerden, wenn das Verhalten des Vermittlers diesem rechtlich zuzurechnen ist.

Die geringe Zahl reiner Vermittlerbeschwerden spiegelt wider, dass Fehler bei der Vermittlung häufig den Vertrag infizieren und das Anliegen des Beschwerdeführers sich deshalb an den Versicherer richtet.

Im Rückgang der reinen Vermittlerbeschwerden schlägt sich vielleicht nieder, dass deren begrenzter Anwendungsbereich allgemein bekannter wird. Die meisten Vermittlerbeschwerden werden gegen gebundene Vermittler und Versicherungsvertreter geführt, weniger gegen Makler.

Seite zwei: Beschwerden gegen Lebensversicherer

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