12. Branchengipfel Sachwertanlagen: „Die USA bleiben unser Kernmarkt“

Thorsten Eitle auf dem Cash. Branchengipfel
Foto: Florian Sonntag
Thorsten Eitle: „Wir müssen als Branche viel mehr Bekanntheit erringen.“

Hep global ist auf Photovoltaikprojekte spezialisiert, die das Unternehmen international realisiert, zuletzt hauptsächlich in Nordamerika und Japan. Antworten auf dem Cash.-Branchengipfel gab Gründer und CSO Thorsten Eitle.

Inflation, Zinswende, Kostenexplosion & Co.: Wie wirken sich die veränderten Rahmenbedingungen auf Ihre Zielbranche aus?

Eitle: Japan hat seine klimapolitischen Zielsetzungen 2021 nochmals verschärft und bis 2050 soll Klimaneutralität erreicht werden. Das Zinsniveau in Japan ist nach wie vor unverändert sehr niedrig. Der japanische Markt bleibt weiterhin sehr spannend, unterliegt aktuell starken Veränderungen: Weg von den langfristigen Einspeisevergütungen hin zu Power Purchase Agreements, kurz PPAs, also Stromabnahmeverträgen, wie sie in den USA oder mittlerweile auch in Deutschland üblich sind. In den USA haben wir die Problematik der gestiegenen Zinsen, die inzwischen bei bis zu 6,5 Prozent liegen. Derzeit prüfen wir bei dem Großteil der Projekte, ob wir „All Equity“ gehen, also auf Fremdkapital verzichten und nur Eigenkapital einsetzen. Auf der anderen Seite sind in den USA die Strompreise gestiegen. Wir haben dort fast eine Verdoppelung, was für unsere Projekte natürlich positiv ist. Wir sind auch wieder vermehrt in Deutschland aktiv und sehen nicht nur hier, sondern auch im Rest Europas Chancen. Nichtsdestotrotz sind die USA nach wie vor unser Kernmarkt und die Entwicklung ist positiv. Natürlich gibt es auch Herausforderungen, wie beispielsweise die angespannte Liefersituation. Es gibt aktuell Verzögerungen im Bereich Wechselrichter, Trafo-Stationen und Transformatoren. Das heißt, in der Projektentwicklung muss ich heute schon dafür sorgen, dass das Material zur Bauphase vorhanden ist, was das Ganze entsprechend verteuert und dazu führt das Materialplanungen und Baupläne schon viel früher erstellt werden müssen. Auf Grund unseres Geschäftsmodells können wir hier frühzeitig reagieren und haben unseren strategischen Einkauf darauf umgestellt.

Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit, auch für den Vertrieb und in Hinblick auf die Einstufung von Produkten nach Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung?

Eitle: Wenn ich heute mit institutionellen Investoren spreche, also mit Versorgungswerken, Pensionskassen etc. ist das Thema derzeit nicht relevant. Sie beschäftigen sich zwar damit, haben aber gerade ganz andere Prioritäten. Die meisten haben ein Jahr hinter sich, in dem alle Assetklassen verloren haben und müssen erst einmal ihre Portfolien bereinigen. Daher fiel das Thema ESG und auch die Artikel-9- oder Artikel-8-Einstufung ein wenig hinten runter. Und der Vertrieb versteht bisher noch gar nicht genau, worum es am Ende des Tages geht. Hier wird meist nur der Mehraufwand und die Regulatorik wahrgenommen. Aber das wird kommen. 

Ideal wären klare Vorgaben der BaFin für eine eindeutige Klassifizierung und Einstufung der Produkte in Bezug auf die Nachhaltigkeit.

Eitle: In der Realität ist das leider nicht so einfach wie zum Beispiel das Energie-Label einer Waschmaschine oder eines Kühlschranks. Die Finanz-Welt ist deutlich komplexer. Die Abfrage der Präferenzen der Kunden stellt erst einmal kein Problem dar. Die große Problematik ist das Matching mit dem, was der Produktgeber bieten kann. Auch im Privatkundengeschäft ist es bisher nicht so, dass Nachhaltigkeit das beherrschende Thema ist. Wenige Anleger fragen: „Was macht ihr mit der Nachhaltigkeit? Und wie seid ihr eingeordnet in Artikel 8 oder 9?“ Über kurz oder lang wird es ein einheitliches Bild nach außen geben, aber ob das tatsächlich relativ kurzfristig gelingt, wage ich zu bezweifeln. 

Erneuerbare Energien haben beim Thema ESG einen natürlichen Vorteil. Sind damit die Vorschriften leichter umzusetzen?

Eitle: Nicht unbedingt. Natürlich denkt man bei ESG zuerst an das E und damit liefern wir als Erneuerbare Energien einen direkten Beitrag zum Umweltziel, also zum E. Aber es gibt noch das S und G und das darf man nicht unterschätzen. Zum Beispiel ist die Bewertung der Lieferketten ein Riesenthema. Wir haben eigene Audits und sind in den Modulfabriken etwa in Thailand und Vietnam. Wir sind uns bewusst, dass wir aktuell nur die erste Zulieferstufe durchleuchten, aber wir wollen die Mindestschutzkriterien einhalten.

Nach der Vertriebsvorschrift MiFID II kann der Kunde Ausschlusskriterien für bestimmte nachteilige Auswirkungen benennen, die für die Produkte entsprechend offengelegt werden müssen. Wie kommen Sie mit diesen Principal Adverse Impact Indicators, kurz PAI, voran?

Eitle: Es geht darum, welche Nachhaltigkeitsrisiken in unserem Produkt und in unserer Company stecken. Dabei müssen alle wesentlichen Nachhaltigkeitsrisiken offengelegt werden. Es stellt sich aber die Frage: Was ist „wesentlich“? Das ist noch viel zu schwammig. Dabei geht es auch nicht nur um die Umwelt, sondern im Rahmen des „S“ für „Social“ auch zum Beispiel um die Frauenquote und Diversity oder im Bereich „G“ für „Governance“ um Korruption und Bestechung. Diese ist ein offenzulegendes PAI. Ein anderes sind Treibhausgasbilanzierungen, diese finden sich im „E“ für „Environment“. Hier erfassen wir die treibhausgasäquivalenten Emissionen, die entlang unserer Wertschöpfungskette stehen. Wir werden die Daten entsprechend prüfen, und verpflichten uns nachteilige Auswirkungen bei Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen.

Welche Rolle spielen Online-Plattformen im Vertrieb von Publikums-AIFs. Taugt die Produktgattung überhaupt dafür oder ist sie zu beratungsintensiv?

Eitle: Ich hätte es vor zehn Jahren nicht für möglich gehalten, dass man ein Auto über das Internet kauft oder dass ein Anbieter wie Tesla 5.000 Euro Anzahlung für ein Auto fordern kann, das 24 Monate später geliefert wird. Aber das geht alles und es wird angenommen. Ich bin überzeugt davon, dass es grundsätzlich auch mit Publikums-AIFs funktioniert, über Online-Plattformen direkt oder auch über Vermittler, die einen Kundenzugang zu bekommen. Aber es gibt viel zu wenige Produkte, und die Produktklasse ist nicht in der breiteren Öffentlichkeit und in Publikumsmedien präsent und wird insofern wenig wahrgenommen. Ohne Wahrnehmung wird aber nie ein Kunde von sich aus investieren; er muss von einem Intermediär angesprochen und auf das Produkt aufmerksam gemacht werden. Wir sind in dieser noch jungen KVG-Welt schlecht organisiert und müssen als Branche viel mehr Bekanntheit erringen.

Inwieweit hilft Digitalisierung generell?

Eitle: Der Kostenaufwand für einen Publikums-AIFs ist hoch. Das Thema Renditedruck ist durch die gestiegenen Zinsen aber nicht einfacher. Letztendlich können wir nur dann Geld einsparen, wenn wir Prozesse digitalisieren, vereinfachen, kostengünstiger gestalten. Am Ende des Tages gehört vielleicht auch ein gewisser Anteil an Direktzeichnung dazu. Letztendlich spare ich bares Geld, wenn ich zum Beispiel 15 Prozent direkt über den Endkunden platziere. Das hilft allen, Endkunden, Vermittlern und Emittenten. 

Wie ist Ihre Produktplanung?

Eitle: Wir erwarten die Zulassung in den nächsten Wochen und hoffen, bald mit dem Vertrieb starten zu können. (Anmerkung der Red.: Inzwischen wurde der Fonds von der BaFin genehmigt und ist in den Vertrieb gegangen.) Wir bleiben uns treu und bieten ein internationales Portfolio mit Photovoltaikprojekten – Ein Artikel-9-Fonds, nach Taxonomieverordnung. Neu ist die Laufzeit von nur sechs Jahren und die Renditeprognose liegt bei fünf Prozent pro Jahr. Der AIF kann auf unsere umfangreiche Projektpipeline USA; Kanada, Japan und Europa zugreifen. Die voraussichtlichen Projekte sind alle in der Entwicklung beziehungsweise schon nahezu baureif. 

In welchen Ländern erfolgen die geplanten Investitionen?

Eitle: Der Schwerpunkt wird wieder auf Nordamerika liegen, also USA, aber auch Kanada. Geplant ist, auch Europa und im speziellen Deutschland mit abzubilden.

Moderation: Frank Milewski und Stefan Löwer, beide Cash.

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