„Wir werden Trump als Gründer der EU danken“

Simon Fraser wies darauf hin, was Trumps Verhalten so problematisch macht: „Wenn es um Diplomatie geht, ist Rhetorik doch wichtig. Was Politiker zu ihrer Wählerschaft sagen wird von der ganzen Welt gehört.“

Trotz der scheinbar stabilen wirtschaftlichen Lage ist die Situation in den USA aufgrund der hohen Aktienkurse nach Ansicht Feldsteins äußerst fragil. Die niedrigen Zinsen hätten die Aktien überteuert, was einen Kurssturz war nicht unvermeidlich mache, aber wahrscheinlicher und auch gefährlicher. Hinzu komme das hohe Defizit des US-Haushaltes was sich in den nächsten Jahren eher erhöhen als verringern werde.

Brexit als Chance für Europa

Der auf Feldsteins Vortrag folgende Roundtable mit Catherine Ashton, Simon Fraser und dem ehemaligen Premierminister Italiens Enrico Letta, drehte sich um geopolitische Risiken, wie die Präsidentschaft Trumps, den Brexit und die europäischen Wahlen.

Enrico Letta zeigte sich zunächst optimistisch: „Der wichtigste Anstoß für Europa ist, dass wir jetzt alleine stehen und erwachsen sein müssen. Wie üblich braucht Europa externe Bedrohungen, davon hatten wir 2016 gleich zwei -fantastisch würde ich sagen- Trump und den Brexit. Am Ende dieser Periode werden wir Trump als Gründer der EU danken und ihn in eine Reihe mit Schuman und Co. stellen.“

Weniger Positiv sieht Simon Fraser den Brexit: „Ich will, dass britische Politiker die Verantwortung übernehmen, indem sie den Brexit durchführen. Er wird sehr wahrscheinlich stattfinden. Die Frage ist, ob auf einem sehr schlechten, schlechten oder nicht ganz so schlechtem Weg.“

Der Euro wird überleben

Einig waren sich die Teilnehmer, dass der Wahlsieg Emmanuel Macrons eine gute Nachricht für Europa ist. „Wir brauchen eine ausgewogene Führung durch zwei EU-Mitglieder. Frankreich wird eine entscheidende Rolle dabei spielen, die Führung Europas auszubalancieren“, sagte Letta.

Auch der Euro wird überleben, davon sind Ashton und Fraser überzeugt. „Die Herausforderung sind die Rahmenbedingungen, wo Wirtschaft auf Politik trifft“, sagte Ashton. „Besonders Ökonomen unterschätzen den politischen Anteil des Euros“, ergänzte Fraser.

Die Themen Euro und EZB-Politik griff auch der anschließende Roundtable auf, an dem unter anderem Dr. Jürgen Stark teilnahm, ehemaliger Chefsvolkswirt und Mitglied im Direktorium der EZB. „Die EZB ist noch entgegenkommender als auf dem Höhepunkt der Finanzkrise. Den größten Einfluss hatte das Quantitative Easing auf die Renditen der Staatsanleihen, dadurch wurde das Ausfallrisiko maskiert.“ Die EZB-Politik sei wenig effizient und eventuell auch gefährlich, durch ihre unbeabsichtigten Folgen.

Populismus entsteht nicht durch Ungleichheit

Höhepunkt des zweiten Tages war der Vortrag Angus Deatons über Einkommensungleichheit und ihre Folgen für die Gesellschaft. „Ergebnisgleichheit wird oft als wünschenswertes Ergebnis betrachtet, daran glaube ich nicht mehr“, sagt Deaton.

Er warnte davor, Gleichheit mit hohen Steuern erreichen zu wollen: „Die Gefahr ist, dass hohe Steuern Innovationen töten. Viele Vordenker sind sehr reich geworden und das ist nicht schlecht, sondern wünschenswert.“

„Nicht Ungleichheit treibt Populismus, sondern das Gefühl der Ungerechtigkeit: Wenn Betroffene denken, dass es anderen nur deshalb besser geht, weil sie selbst dafür schlechter gestellt sind“, sagte Deaton. (kl)

Foto: Amundi

 

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