Bundestagswahl 2017: „Aus Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt“

Die ersten Parteien haben ihre Wahlprogramme veröffentlicht. Oliver Moll, Geschäftsführer und Inhaber von Moll & Moll Zinshaus, beleuchtet die Forderungen der Parteien für den deutschen Immobilienmarkt. Zweiter Teil: Welche Pläne haben die Grünen und die Linke?

Oliver Moll, Moll & Moll Zinshaus: „Die Grünen und die Linke befürworten die typischen Instrumente, die Eigentümern das Vermieten schwer und den Neubau von Wohnraum zum wirtschaftlichen Risiko machen.“

Die ersten Parteien haben ihre Wahlprogramme veröffentlicht. Endgültige Fassungen gibt es zwar noch nicht, doch die Entwürfe vermitteln bereits einen guten Eindruck, wohin die Reise für die Wohnungswirtschaft gehen soll.

Für private Eigentümer und professionelle Akteure der Branche lohnt es deshalb, einen Blick auf die entsprechenden Seiten zu werfen, bevor sie im September ihr Kreuzchen machen.

Die Linke: Mehr staatliche Eingriffe und unrealistische Pläne

Das übergeordnete Ziel der Linken wird an mehreren Stellen im Programm klar formuliert: Wohnen muss dem Markt entzogen werden.

Nach linkem Verständnis ist das „Kapital“, sprich, Immobilien-Fonds und Finanzfirmen, für steigende Mieten verantwortlich. Die wirklichen Kostentreiber in Form von überzogenen Bau- und Umweltauflagen und überbordender Regulierung werden verkannt.

Stattdessen erklären die Linken das eigentliche Problem zur Lösung und verlangen noch mehr staatliche Eingriffe, die Investitionen in Wohnraum immer unattraktiver machen: Die Mietpreisbremse soll verschärft, die Mietenspiegel ausgeweitet und die Modernisierungsumlage abgeschafft werden.

Auch Eingriffe in die Eigentumsrechte sind kein Tabu: Die Linke möchte Kündigungen wegen Eigenbedarf erschweren sowie die Besetzung von leerstehendem Wohnraum und von als Wohnraum nutzbaren Gewerbeflächen legalisieren.

Es gibt Pläne für den sozialen Wohnungsbau, doch bei genauerer Betrachtung sind diese nicht realisierbar. Mindestens 250.000 Wohnungen sollen im Jahr gebaut oder angekauft werden. Das hört sich erst einmal gut an, doch geht man von circa 65 Quadratmeter Wohnungsgröße und Baukosten von 2.500 Euro pro Quadratmeter aus, müssten jährlich rund 40,6 Milliarden Euro in den Wohnungsbau fließen. Allerdings sind für Projekte solch einer Größenordnung gar nicht ausreichend Baumaterialien oder genügend Baufirmen verfügbar.

Auch an anderer Stelle macht die Linke sich unglaubwürdig: Die Aussage „Mietminderung ist kein Kündigungsgrund“ ist für den Wähler irreführend, da eine Kündigung des Vermieters wegen berechtigten(!) Mietminderungen in Deutschland sowieso nicht möglich ist. Sobald ein Gericht jedoch entscheidet, dass Minderungen unberechtigt sind, handelt es sich offiziell um Mietrückstände, und das ist ein legitimer Kündigungsgrund – zumindest noch. Denn auch hier sehen die Linken Potenzial für verschärfte Regulierung.

Die Grünen: „Neue Wohngemeinnützigkeit“ geplant

Das Immobilien-Programm der Grünen unterscheidet sich davon im Prinzip nur wenig. Was positiv auffällt: Sie berücksichtigen im Gegensatz zu den Linken die ländlichen Regionen und haben erkannt, dass eine vernünftige Infrastruktur auf dem Land den Wohnungsdruck in den Städten abmildern kann.

Ansonsten wird auch im grünen Programm der soziale Wohnungsbau großgeschrieben. Insgesamt eine Million Wohnungen sind geplant. Investitionsanreize soll die „Neue Wohngemeinnützigkeit“ bieten. Ein Konzept, das es in Deutschland bereits gab, das Ende der 1980er-Jahre aber aus guten Gründen abgeschafft wurde.

Damals sind unter anderem die Kosten explodiert und die Qualität von Wohnungsbeständen hat sich teilweise stark verschlechtert, weil gemeinnützige Unternehmen nicht vernünftig gewirtschaftet hatten.

Die Grünen scheinen, neben den Nachteilen dieser Idee, auch ein Grundproblem der Wohnungswirtschaft zu übersehen: Zu wenig Bauland. Das Programm beantwortet nämlich leider nicht die Frage, wo diese eine Million Wohnungen eigentlich entstehen sollen.

Preisdeckelung und Regulierung

Ansonsten befürworten auch Grünen-Politiker die typischen Instrumente, die Eigentümern das Vermieten schwer und den Neubau von Wohnraum zum wirtschaftlichen Risiko machen: Erweiterte Mietenspiegel, strengere Regeln bei Kündigungen, eine deutlich niedrigere Modernisierungsumlage und natürlich eine verschärfte Mietpreisbremse, für die es selbst bei kostenintensiver Sanierung keine Ausnahme mehr gibt.

Übrigens, eine Preisdeckelung, wie beide Parteien sie fordern, gab es schon in der ehemaligen DDR – mit genau den Folgen, vor denen die Branche heute warnt: Sanierungsstau, marode Substanzen und weniger Neubau. Die grün-rote Politik hat aus Fehlern der Vergangenheit anscheinend nicht gelernt.

Sollte Rot-Rot-Grün, trotz sinkender Umfragewerte der SPD, eine Regierungsoption bleiben, reicht ein Blick in den Berliner Koalitionsvertrag, um eine Idee von der Zukunft zu bekommen.

Der Staat wird dort zum maßgeblichen Gestalter des Wohnungsmarktes, der Investitionen regelt und Preise deckelt. Die private Wohnungswirtschaft scheint zweitrangig zu sein: Wenn es um die Vergabe von Bauflächen geht, wird sie im Koalitionsvertrag nicht einmal mehr erwähnt.

Oliver Moll ist Geschäftsführer und Inhaber der Hamburger Moll & Moll Zinshaus GmbH. Er leitet zudem die Professional Group „Residential“ der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) in Deutschland.

Foto: Moll & Moll Zinshaus GmbH

 

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