EXKLUSIV: Das fulminante Comeback des Bausparens

Immobilienmarkt-Investitionen. Hausgeld
Foto: PantherMedia / Andriy Popov
In Deutschland gibt es über 22 Millionen Bausparverträge. Das Volumen beläuft sich auf rund 930 Milliarden Euro.

Die 2022 rasant gestiegenen Bauzinsen, die sich in kurzer Zeit fast vervierfachten, machen das Bausparen wieder zu einem lohnenden Investment.

Das Ergebnis war eine Sonderkonjunktur im Jahr 2022 mit einer außergewöhnlichen Wachstumsrate von fast 27 Prozent bei der neu abgeschlossenen Bausparsumme. 2023 konnten die Bausparkassen daran anknüpfen. Der Verband der Privaten Bausparkassen bezifferte den Zuwachs jetzt auf 12 Prozent. Die Hypothekenzinsen bewegen sich derzeit zwischen 3,5 und 3,8 Prozent. „Für klassische Finanzierertarife kann man grob sagen, dass sich der effektive Jahreszins für ein Bauspardarlehen unter 2,5 Prozent bewegt“, erklärt Dr. Ivonn Kappel von der Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen. 

Zufrieden zeigen sich die beiden Bausparkassenverbände auch mit dem Finanzierungsgeschäft. 2022 hatten die öffentlichen und privaten Bausparkassen 40,5 Milliarden Euro an Baugeldern ausgezahlt, fast so viel wie im Rekordjahr 2020 mit 40,8 Milliarden Euro. Die privaten Institute haben bereits mitgeteilt, dass sie 2023 ihr Vorjahresergebnis fast halten konnten – und das trotz des Rückgangs im Wohnungsbau. Mit einem geschätzten Marktanteil von knapp 15 Prozent dürften die Bausparkassen damit erneut zu den größten Kapitalgebern für den privaten Wohnungsbau gehören.

Bei den Baugeldauszahlungen, so Kappel, spielen niedrig verzinste Bauspardarlehen mittlerweile eine wachsende Rolle: Kreditzusagen der Landesbausparkassen von 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2023 bedeuteten ein Plus von 175 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ähnlich sieht es bei den privaten Bausparkassen aus. Ältere Verträge sind wieder attraktiv geworden. Noch aber dominieren bausparunterlegte Vor- und Zwischenkredite die Baugeldauszahlungen. Der Anteil der Bauspardarlehen am gesamten Darlehensbestand dürfte aber immer noch unter zehn Prozent liegen.


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In der Niedrigzinsphase hatten die Bausparkassen den Fokus auf bausparunterlegte Vor- und Zwischenfinanzierungen gelegt. Deren Volumen lag Ende 2022 bei 138 Milliarden Euro. 34 Milliarden Euro entfielen auf normale Hypothekendarlehen. Der Gesetzgeber hatte den Spielraum dafür Ende 2015 mit dem neuen Bausparkassengesetz erweitert. Zur Refinanzierung dürfen Bausparkassen auch Pfandbriefe ausgeben. Davon machen mittlerweile vier private Bausparkassen Gebrauch.

„Der Hauptnutzen des Bausparvertrages – die Absicherung vor dem Risiko steigender Zinsen, gepaart mit einem sicheren und staatlich geförderten Eigenkapitalaufbau – bestand auch in der Niedrigzinsphase. Heute stehen diejenigen auf der Gewinnerseite, die am Bausparen festgehalten und nicht darauf vertraut haben, dass die Zinsen auf ewig niedrig bleiben“, fügt Kappel hinzu.

 „Durch den Bausparvertrag sichert man sich bereits bei Beginn der Finanzierung den Zinssatz für ein günstiges Bauspardarlehen und ist unabhängig von Zinsschwankungen am Kapitalmarkt“, betont Jens Marquardt vom Qualitätsmanagement der Bausparkasse Mainz AG.  Im Fall einer Vorfinanzierung komme es nach Ablauf der Zinsbindung des vorgeschalteten Baudarlehens durch das Bausparguthaben und das Bauspardarlehen also nicht zu unangenehmen Überraschungen. „Die Rate bleibt während der gesamten Laufzeit der Finanzierung gleich.“ 

Bausparkassen bieten sehr unterschiedliche Tarife an

In Deutschland gibt es über 22 Millionen Bausparverträge. Rein rechnerisch befindet sich also mindestens einer in jedem zweiten deutschen Haushalt. Das Volumen dieser Bausparverträge beläuft sich auf rund 930 Milliarden Euro. Die Bausparkassen bieten sehr unterschiedliche Tarife an, die unterschiedlichen Kundenwünschen gerecht werden. Entsprechend variieren die Vertragsbedingungen, etwa bei der Regelbesparung oder bei Zins- und Tilgungsbeiträgen. Die Alte Leipziger Bauspar AG bietet beispielsweise den Tarif AL Neo an, der jährlich an die Marktzinsentwicklung angepasst wird, mit einem aktuellen Guthabenzins von 1,30 Prozent.

 „Es lohnt sich immer zu schauen, ob sich mit einem Bausparvertrag eine individuell günstigere Gesamtkonstellation der Finanzierung ergibt“, rät Henning Ludwig, Spezialist für Baufinanzierung bei Dr. Klein in Lübeck. So könne das später ausgezahlte Darlehen sowohl für die Anschlussfinanzierung genutzt werden als auch für Modernisierungsmaßnahmen oder beispielsweise den Anbau eines Wintergartens.

Auch Achim Kerner, Leiter Abteilung Vertrieb und Produktmanagement bei der Signal Iduna Bauspar AG, weist speziell darauf hin, dass Eigenheimbesitzer, die ihre Finanzierung mit deutlich niedrigeren Zinssätzen abgeschlossen haben, nach Möglichkeiten suchen, einem rapiden Anstieg der Prolongationszinsen und den damit verbundenen deutlich höheren Zinsraten entgegenzuwirken. Diese Mehrbelastungen könnten mit einem Bausparvertrag abgemildert werden.

EZB wird vermutlich demnächst den Leitzins senken

Aber auch als Finanzierungsbaustein bei Neufinanzierungen habe der Bausparvertrag an Bedeutung gewonnen, so Kerner. „Vor dem Hintergrund der Kostensteigerungen ist mehr Eigenkapital gefordert. Das bringt der Bausparvertrag über das Sparguthaben mit in die Finanzierung ein.“

Im vergangenen Jahr lag die durchschnittliche Bausparsumme eines neu abgeschlossenen Vertrags bei den privaten Bausparkassen bei  rund 65.000 Euro – doppelt so hoch wie 2013. Die Bausparer haben auf steigende Kosten reagiert. „Umso wichtiger ist es heute, rechtzeitig eine Eigenkapitalbasis durch Ansparen eines Bausparguthabens zu schaffen“, sagt Jens Marquardt.

Die EZB wird vermutlich demnächst den Leitzins senken. Experten halten aber eine Rückkehr zu historisch niedrigen Zinsen für unwahrscheinlich. Henning Ludwig: „Unserer Einschätzung nach wird die Seitwärtsbewegung der vergangenen Wochen anhalten. Die Erwartung einer Zinssenkung sei bereits in die Baufinanzierungszinsen eingepreist. „Wir rechnen daher nicht mit größeren Ausschlägen.“

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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