Hitliste der Finanzvertriebe 2023: Ein anstrengendes Jahr

Verluste gab es hingegen bei der Bonnfinanz mit einem Rückgang um 18,15 Prozent auf 47,8 Millionen Euro (Vorjahr: Steigerung um 1,57 Prozent). Geschäftsführer Sebastian Wallusch benennt die Gründe ganz offen: „Der Zinsanstieg und der Ausbruch des Ukraine-Krieges hat den Markt 2022 sehr stark geprägt und Marktteilnehmer, aber vor allem auch Kunden, stark gefordert. Die Bevölkerung – nicht nur in Deutschland, sondern europaweit – wird von Permakrisen wie Pandemie, Ukraine-Konflikt, Inflation, Zinsanstieg, Klimawandel und dauerhaften sozialen Unsicherheiten wie Pflegenotstand und Altersarmut geprägt.“ Dadurch werde aber auch der Bedarf an Qualitätsberatung immer größer, um einerseits die bestmögliche Eigen- bzw. Familienabsicherung finanzieren, gleichzeitig aber auch die persönlichen Ziele und Wünsche verwirklichen zu können. Ebenfalls verloren hat die DBFP Deutsche Beratungsgesellschaft für Finanzplanung GmbH aus Stuttgart – die Provisionserlöse gingen um 14,47 Prozent auf 5,28 Millionen Euro zurück (Vorjahr: Wachstum um 29,53 Prozent). „Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges sehen wir ein sehr anspruchsvolles Marktumfeld, dass durch stark steigende Zinsen und hohe Inflation geprägt ist. Das führt branchenweit temporär zu einer Konsolidierung bzw. zu einem Rückgang bei den Provisionserlösen, ausgehend von einem hohen Niveau. Dieser Entwicklung kann sich auch unser Haus nicht vollständig entziehen“, sagt Geschäftsführer Ralf Reiniger.

RangGesellschaftSegmentPE 2022 in Mio. EuroVeränderung zu 2021 in ProzentKap.-Bet. DritterBeraterzahlFußnoten
1InterhypBaufinanzierung484,00 (1)-13,76ja648(1) Niederlassung in Österreich geschlossen
2Postbank FinanzberatungImmobilien/Baufinanzierung224,80-10,33jaCirca 3000
3Aigner ImmobilienImmobilien19,08-11,05nein43
4AscentInvestmentfonds12,66 (2)-14,29nein125(2) Inklusive Beratungshonorare in Höhe von 0,03 Millionen Euro
5BIT TreuhandSachwertanlagen10,421,21neink.A.
6Factum ImmobilienImmobilien8,27-14,73nein40
7OFG OhrmundtSachwertanlagen0,40-21,30nein2

Bei den in einer gesonderten Tabelle dargestellten Spezialvertrieben liegt erneut die auf Baufinanzierung spezialisierte Interhyp Gruppe vorn. Doch auch dort gingen die Provisionserlöse zurück, um 13,76 Prozent auf 484 Millionen Euro (Vorjahr: Wachstum um 14,36 Prozent). André Lichner, Vorstand für Produktmanagement und Partnergeschäft, zeigt sich dennoch zuversichtlich:

„Der Markt hat eine neue Balance gefunden und gewinnt wieder an Bodenhaftung. Das wirkt sich positiv auf das Geschäft aus. Gerade in dieser Zeit arbeiten wir bei der Mischung aus persönlicher Beratung und digitalen Angeboten maßgeschneidert mit Endkunden, aber auch mit Finanzvertrieben. Mit dieser Strategie haben wir mit unseren Marken Interhyp für Privatkunden wie auch als Prohyp für unsere B2B-Partner ein Finanzierungsvolumen von 29 Milliarden Euro bei unseren Finanzierungspartnern platziert. Unsere Prognose: Gerade im Bereich der Modernisierung und Sanierung spielt künftig immer mehr Musik.“ Dennoch bleibt unterm Strich ein Minus.

Auf dem zweiten Platz landet die auf Immobilien und Baufinanzierung spezialisierte Postbank Finanzberatung – mit einem Minus von 10,33 Prozent auf 224,8 Millionen Euro (Verlust im Vorjahr: 11,16 Prozent), den dritten Rang belegt die Aigner Immobilien GmbH aus Pullach mit einem Verlust von 11,05 Prozent auf 19,08 Millionen Euro (im Vorjahr nicht in der Cash. Hitliste vertreten). „Trotz herausfordernder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und eines beeinträchtigten Marktumfeldes erwirtschaftete das Unternehmen ein Gesamtvolumen von 19 Millionen Euro und erreichte damit nach 2021 (21 Millionen Euro) das zweitbeste Ergebnis der über 30jährigen Firmenhistorie“, erklärt Geschäftsführer Thomas Aigner. Mit über 620 vermittelten Verträgen habe das Unternehmen das konstant hohe Niveau der vergangenen Jahre gehalten. „Trotz stark rückläufiger Verkaufszahlen am Münchner Immobilienmarkt ab dem dritten Quartal 2022 konnten wir im Krisenjahr die Transaktionstätigkeit im Investmentbereich deutlich um 70 Prozent steigern. Auch 2023 entwickeln wir uns gegen den rückläufigen Markt und knüpfen in den ersten fünf Monaten bereits an den Umsatz von 2021 an.“

Fazit der diesjährigen Erhebung: Während die Finanzvertriebe noch relativ glimpflich durch die Coronakrise gekommen sind, hat sie der Krieg in der Ukraine mitsamt seinen wirtschaftlichen Folgen nun empfindlich getroffen. In der Pandemie wuchsen die Provisionserlöse weiter, wenn auch gebremst. Nun schrumpfen sie bei vielen Vertrieben. Die von Cash. exklusiv befragten Vorstände und Geschäftsführer antworteten auf die Frage, wie sich der Krieg 2022 auf ihr Geschäft ausgewirkt hat, mehrheitlich (61 Prozent) mit „sinkend“. Immerhin: Für das laufende Geschäftsjahr erwarten 67 Prozent der Befragten, dass sich der Krieg nicht mehr auf das Geschäft auswirken wird. Mit Blick auf die Provisionserlöse ist man aber nur verhalten optimistisch. Lediglich 39 Prozent der Befragten rechnen 2023 mit steigenden Erlösen. 2022 waren es noch 53 Prozent, 2021 sogar 71 Prozent. Ein klarer Negativtrend, auch hier.

Kim Brodtmann, Cash.

1 2Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments