Immobilienfinanzierung: Banken rechnen mit weiterem Rückgang des Neugeschäfts

Büroimmobilie
Foto: PantherMedia/Vladitto
Sieben von zwölf Banken haben 2022 weniger Kredite vergeben.

Das infolge des veränderten Zinsumfelds deutlich gesunkene Transaktionsvolumen macht sich zunehmend bei den Immobilienfinanzierern bemerkbar. Im vergangenen Jahr vergaben die großen deutschen Immobilienbanken insgesamt weniger Gewerbeimmobilienkredite als im Vorjahr.

Laut dem Neugeschäftsreport von JLL betrug das Zusagevolumen bei den zwölf analysierten Banken 38,8 Milliarden Euro. Das sind zwei Prozent weniger als 2021. Im Vorjahr hatten die Kreditinstitute noch ein Neugeschäftswachstum von acht Prozent verbucht.

„In der aktuellen Situation halten sich viele Marktteilnehmer zurück. Dafür sind nach wie vor die ungewissen Entwicklungen der Konjunktur und des Zinsniveaus verantwortlich. Erst eine abzusehende Stabilisierung der entsprechenden Faktoren würde das Transaktionsgeschehen und somit auch die Kreditvergabe wieder aufleben lassen“, erläutert Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. 

Bei der Analyse des Neugeschäfts wurden ausschließlich gewerbliche Immobilienfinanzierungen in Deutschland berücksichtigt. Dazu zählen neben Krediten für Gewerbeimmobilien auch Wohnimmobilienfinanzierungen für gewerbliche Zwecke. Für die Untersuchung der Kreditbestände der Banken (siehe weiter unten) wurden sowohl in- als auch ausländische Finanzierungen herangezogen.

Sieben der zwölf Banken haben 2022 weniger Kredite vergeben als 2021. Bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) fiel der Rückgang mit drei Milliarden Euro (minus 42 Prozent) am deutlichsten aus. Auf der anderen Seite verzeichneten aber auch fünf Banken ein Neugeschäftsplus, darunter die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) mit einem Zuwachs von 1,2 Milliarden Euro auf 4,0 Milliarden Euro (plus 43 Prozent) und die BayernLB mit einem Plus von 1,3 Milliarden Euro auf sechs Milliarden Euro (plus 28 Prozent). Der aktivste Immobilienfinanzierer war 2022 abermals die DZ Hyp, die ein Neugeschäftsvolumen von 7,8 Milliarden Euro (minus fünf Prozent) erzielte.

In diesem Jahr könnte sich der negative Trend fortsetzen. So rechnen sieben Banken mit einem weiteren Rückgang des Neugeschäfts. Lediglich zwei Banken erwarten ein im Vergleich zu 2022 steigendes Abschlussvolumen und die Hamburger Commercial Bank (HCOB) sieht das Neugeschäft 2023 auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr. Sowohl die DZ Hyp als auch die Helaba gaben aufgrund der derzeit schwer einzuschätzenden Marktsituation keine Prognose für 2023 ab. 

„Die Banken picken sich zurzeit die Rosinen heraus und agieren nach wie vor äußerst risikosensitiv. Das bekommen vor allem die Projektentwickler zu spüren, die sich vermehrt an alternative Kreditgeber wenden müssen, um Finanzierungen zu erhalten“, sagt Timo Wagner, zuständig für Debt Advisory bei JLL Germany. Insgesamt gebe es aber genügend Liquidität am Markt: „Von einer Kreditklemme sind wir weit entfernt, der Preis für die Liquidität ist jedoch relativ hoch“, betont Wagner.

Kreditbestände nehmen weiterhin zu

Im Gegensatz zum Neugeschäft bleibt die positive Entwicklung bei den Kreditbeständen intakt. Mit insgesamt 289,9 Milliarden Euro konnte das Volumen des Vorjahres um fünf Prozent übertroffen werden. Bei elf von zwölf Kreditinstituten stiegen die jeweiligen Kreditbestände im Jahresvergleich, lediglich bei der HCOB verringerte sich der Bestand leicht um zwei Prozent.

Wie schon bei der Vergabe des Neugeschäfts weist die BayernLB den größten Zuwachs der Kreditbestände aus. Mit einem Plus von 2,4 Milliarden Euro liegt sie damit knapp vor der Helaba, bei der sich das Volumen um zwei Milliarden Euro auf insgesamt 38,8 Milliarden Euro vergrößert. Damit ist die Helaba hinter der DZ Hyp (42,7 Milliarden Euro) der zweitgrößte Immobilienfinanzierer des Landes.

Zinsanstieg löst Sorge um Kreditausfallrisiko aus

Neben den turnusmäßig abgefragten Zahlen zum Neugeschäft und den Kreditbeständen wurden die Banken auch zu Kreditausfallrisiko und -anfragevolumen befragt. Auf die Frage, welche Faktoren aktuell den größten Einfluss auf das Kreditausfallrisiko haben, ist ein eindeutiges Bild zu erkennen: So sieht die Mehrheit der Banken die konjunkturelle Entwicklung rund um den Anstieg des Zinsniveaus als größtes Risiko. Daneben betrachten drei Geldhäuser den Verlust der Werthaltigkeit besicherter Objekte als Risiko für einen Kreditausfall.

Für sieben der befragten Kreditinstitute hat sich das Kreditausfallrisiko im Verlauf des vergangenen Jahres nicht verändert. Lediglich zwei Banken nehmen ein gestiegenes Risiko für einen Kreditausfall in dem aktuellen Marktumfeld wahr. Drei Institute machten keine Angabe zu der Entwicklung des Ausfallrisikos.

Weniger Nachfrage nach Immobilienkrediten

Bei der Entwicklung des Kreditanfragevolumens zeigt sich bei den abgefragten Assetklassen Büro, Wohnen, Einzelhandel und Logistik-Industrie ein einheitliches Bild. So haben sich bei der Mehrzahl der Kreditinstitute die Anfragevolumina verringert. Für Büroimmobilien gingen bei fünf Banken die Anfragen zurück, bei zwei Instituten sind sie konstant geblieben. Lediglich bei einem Teilnehmer ist das Kreditanfragevolumen gestiegen.

Bei Wohnimmobilien ist das Volumen bei sechs Instituten geschrumpft. Zwei Banken verzeichneten hier einen Anstieg. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Assetklasse Einzelhandel. Hier gab es bei sieben Banken eine negative Entwicklung und nur ein befragtes Institut meldet einen Nachfrageanstieg. Bei Logistik- und Industrieimmobilien zeigt sich ein ausgeglicheneres Bild. Drei Banken blieben im Jahr 2022 auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr. Nur bei vier Kreditinstituten gab es einen Rückgang, bei einem Kreditinstitut einen Volumenzuwachs.

„Der Markt für Immobilienfinanzierungen bleibt herausfordernd. Es gibt allerdings erste Signale, dass sich das Neugeschäft für gewerbliche Kredite im ersten Quartal 2023 leicht erholt hat. Solange aber die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern nicht zueinander finden, wird auch die Nachfrage nach Finanzierungen schwach bleiben“, sagt Scheunemann.

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