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Ricardo Tunnissen: „Eine Rückkehr zu 1-Prozent-Zinsen wird es auf absehbare Zeit nicht geben“

Ricardo Tunnissen
Foto: Baufi Deutschland
Ricardo Tunnissen

Cash.-Interview mit Ricardo Tunnissen, Geschäftsführer von Baufi Deutschland, über die gelockerten Vorgaben für Immobilienkredite und die Perspektiven bei den Bauzinsen.

Die Finanzaufsicht Bafin hat mitgeteilt, den „sektoralen Systemrisikopuffer“ für Wohnimmobilienfinanzierungen von zwei auf ein Prozent abzusenken. Der Systemrisikopuffer war Anfang 2022 für Kreditinstitute eingeführt worden, um mögliche Turbulenzen und Kreditausfälle abfedern zu können. War dieser Schritt überfällig, wie der Immobilienverband ZIA meint?

Tunnissen: Ja, absolut. Aus unserer Sicht als Vermittler von Immobilienfinanzierungen war dieser Schritt längst überfällig. Der Immobilienmarkt hat sich seit Anfang 2022 stark verändert – die Preisdynamik ist raus, das Finanzierungsumfeld hat sich komplett gedreht. Trotzdem mussten Banken wegen des hohen Puffers weiterhin unnötig Kapital zurückhalten, was die Kreditvergabe erschwert hat. Die Bafin hat mit der Reduktion auf ein Prozent endlich reagiert – das entlastet die Institute und damit auch unsere Kunden. Für viele Kaufinteressenten schafft das wieder etwas Luft im Beratungsgespräch. Es war Zeit, der Realität am Markt Rechnung zu tragen.

Die Bafin sorgte sich vor allem wegen der enorm gestiegenen Immobilienpreise. Diese sind nun wieder spürbar gefallen und die Lage für Neukredite hat sich entsprechend entspannt. Wäre nicht auch eine komplette Streichung des Risikopuffers sinnvoll gewesen?

Tunnissen: Das wäre aus unserer Sicht durchaus vertretbar gewesen – zumindest temporär. Die Risiken, die 2022 zur Einführung geführt haben, sind nicht verschwunden, aber sie haben sich verändert. Wir sehen derzeit keine übermäßige Fremdfinanzierung oder spekulative Blasenbildung wie noch vor wenigen Jahren. Eine vollständige Abschaffung hätte den Markt noch stärker belebt. Gleichzeitig verstehen wir aber auch, dass die Bafin hier mit Augenmaß vorgeht. Der Kompromiss – runter auf ein Prozent – ist ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn wir uns mehr Entlastung gewünscht hätten.


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Die Bauzinsen in Deutschland sinken wieder. Wird diese Entwicklung anhalten?

Tunnissen: Das ist die Frage, die wir täglich hören. Und ehrlich gesagt: Es spricht vieles dafür, dass wir uns in einem stabilisierenden Zinsumfeld bewegen. Die EZB wird wahrscheinlich bald mit nächsten Zinssenkungen fortfahren, das ist längst eingepreist. Aber: Eine Rückkehr zu 1-Prozent-Zinsen wird es auf absehbare Zeit nicht geben. Realistisch ist ein Seitwärtstrend mit moderaten Schwankungen – also ein Fenster, in dem Finanzierungen wieder planbarer werden. Wer jetzt über eine Finanzierung nachdenkt, sollte sich gute Konditionen langfristig sichern. Wir empfehlen: Nicht auf den letzten Basispunkt spekulieren, sondern strategisch handeln.

Sollte man jetzt eine Immobilie kaufen oder lieber noch abwarten?

Tunnissen: Meine klare Empfehlung: Wer kaufen will, sollte jetzt aktiv werden – vorausgesetzt, die Finanzierung ist solide aufgestellt. Die Preise sind in vielen Regionen gefallen, die Verhandlungsbereitschaft ist da, und die Zinsen sind deutlich unter dem Hoch von 2023. Das sind gute Voraussetzungen für Käufer, wie wir sie lange nicht hatten. Wer auf „noch bessere“ Bedingungen wartet, riskiert, dass sich das Zeitfenster schließt – sei es durch steigende Preise oder durch verpasste Finanzierungsgelegenheiten. Für Eigennutzer ist jetzt ein guter Moment, den Schritt zu gehen. Für Kapitalanleger lohnt sich ein genauer Blick auf Mikrolage und Rendite – aber auch hier entstehen gerade spannende Einstiegsmöglichkeiten. Wir bei Baufi Deutschland sehen täglich, wie viele Chancen sich aktuell ergeben – aber sie sind nicht unbegrenzt verfügbar.

Die Fragen stellte Kim Brodtmann, Cash.

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