Weber: „Zinsen fallen um ein Prozent, nicht auf ein Prozent“

Axel A. Weber im Vortrag auf dem Fonds professionell Kongress
Foto: Cash.
Axel A. Weber rechnet nicht mit deutlichen Zinssenkungen von Fed und EZB in diesem Jahr.

Der frühere Chef der Bundesbank Prof. Axel A. Weber hat in seinem Vortrag auf dem Fonds professionell Kongress in Mannheim die Geldpolitik von Fed und EZB kritisch bewertet.

Der frühere Chef der Bundesbank warnt davor, in diesem Jahr gravierende Zinssenkungen zu erwarten, die viele Marktteilnehmer bereits jetzt mit Erreichen des Zinsplateaus herbeireden. Laut Weber würden sowohl Fed als auch EZB, wenn überhaupt, nur sehr vorsichtige Zinsschritte einleiten, um nicht Gefahr zu laufen, die Zinsschraube zu schnell wieder anziehen zu müssen, sollte es ein etwaiges erneutes Erstarken der Inflation erfordern. Diese sei zwar auf dem Weg in Richtung ihrer Zielvorgabe von zwei Prozent, aber es läge noch eine gute Wegstrecke vor uns.

Weber rechnet damit, dass die Notenbanken die Zinsen allenfalls um ein Prozent senkten, nicht aber auf ein Prozent. Letzteres Szenario sei nur beim Eintreffen von zwei Ereignissen wahrscheinlich: wenn es in den USA oder in Europa zu einer Rezession oder zu einer Finanzkrise komme. Beides sei aber nicht ums Eck, so Weber.

Und auch wenn die Inflation schlussendlich auf zwei Prozent zurückkomme, hätte das kaum Auswirkungen auf die Konsumentenpreise, die sich stark erhöht hätten und mehr oder weniger auch dann auf einem erhöhten Niveau verharren würden. Deshalb sei es auch legitim, dass sich die Verbraucher den erlittenen Kaufkraftverlust durch höhere Lohnabschlüsse zurückerkämpften. Die Notenbanken würden die Folgen geldpolitisch im Blick behalten, um entsprechend rasch reagieren zu können.

Auch wenn die deutsche Wirtschaft laut Weber sehr robust sei und mit den derzeitigen Rahmenbedingungen umgehen könne, sei eine verlässlichere Wirtschaftspolitik unerlässlich. Hier liege der Ball eindeutig in der Hälfte der Politik. Fiskalpolitisch wünscht sich Weber, dass sich die Position von Bundesfinanzminister Christian Linder durchsetzt, vermutet aber, dass dies aufgrund der konträren politischen Positionen von SPD und Grünen unwahrscheinlich sein wird. Investitionen zur Zukunftssicherung und Produktivitätssteigerung seien existentiell. Gegenwärtig passierten diese aber nur, um Altlasten und den Reformstau zu beseitigen. Deshalb sei es wahrscheinlich, dass Trendthemen wie zum Beispiel die generative KI gänzlich an Deutschland vorbeiliefen.

Für Anlegerinnen und Anleger bedeutet die gegenwärtige Gemengelage laut Weber, dass man nicht viel falsch machen könne, wenn man sowohl in Aktien als auch in Anleihen engagiert sei. Die schlechteste Entscheidung sei es hingegen, auf Cash zu setzen.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments