Haftungsrisiken: Vorsicht ist die Mutter der Anlageberatung

Den größten Sprengstoff birgt indes Becks Empfehlung, auf den Ablauf der Prospekthaftung hinzuweisen, wenn der Vertriebsstart schon mehr als ein halbes Jahr zurückliegt. Der G.U.B. ist kein einziger Prospekt bekannt, der im Risikokapitel über diesen Punkt aufklärt. Und das, obwohl die meisten Fonds auf eine Platzierungsdauer von mindestens einem Jahr ausgerichtet sind (und derzeit nicht selten erheblich länger brauchen). Für Anlageberater könnte daraus eines Tages – rückwirkend – ein gewaltiges Problem entstehen.

Die Anlegeranwälte werden argumentieren, dass sich ihr Mandant nie im Leben an dem Fonds beteiligt hätte, wenn er gewusst hätte, dass er den Initiator nicht mehr für den Prospekt verantwortlich machen kann. Ob das stimmt oder nicht, spielt dann vermutlich ebenso wenig eine Rolle wie der Umstand, dass der Initiator wahrscheinlich noch über juristische Umwege haftbar zu machen ist.

Ob Gerichte eines Tages so entscheiden werden, weiß niemand. Ausgeschlossen ist es nicht. Sicher ist hingegen: Wenn Anleger (oder ihre Anwälte) einen rechtlich anerkannten Anspruch sehen, werden sie jeden Versuch unternehmen, um Verluste auf andere abzuwälzen. Das machte Jens-Peter Gieschen, dessen Kanzlei KWAG hauptsächlich Anleger vertritt, bei dem Roundtable recht unverblümt deutlich.

Die kurze Frist für die Prospekthaftung wurde 2005 mit dem „Anlegerschutzverbesserungsgesetz“, das in diesem Punkt das genaue Gegenteil ist, eingeführt. Sie wird selbst von manchen Initiatoren und ihrem Verband VGF kritisiert. Wenn die Kritik allerdings ernst gemeint ist, wäre es ein Leichtes, sie aus der Welt zu schaffen: Die Initiatoren bräuchten lediglich im Prospekt oder durch einen Nachtrag zu erklären, dass sie die Prospekthaftung über die gesetzliche Frist hinaus für den gesamten Platzierungszeitraum übernehmen.

Dann wäre wenigstens dieser Punkt vom Tisch. Risiken für den Vertrieb blieben immer noch genug.

Stefan Löwer ist Chefanalyst der G.U.B., Deutschlands ältester Ratingagentur für geschlossene Fonds, und begleitet den Themenbereich geschlossene Fonds in der gesamten Cash.-Unternehmensgruppe. Als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst  beobachtet Löwer die Branche und ihre Produkte insgesamt bereits seit mehr als 15 Jahren.

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