Bausparkasse erleidet überraschende Schlappe vor Gericht

Im Streit um hochverzinste Sparverträge hat erstmals eine Bausparkasse eine höherinstanzliche Niederlage hinnehmen müssen. Das Oberlandesgericht Stuttgart erklärte die Kündigung eines Altvertrags für unrechtmäßig.

Mit dem Oberlandesgericht Stuttgart hat erstmals eine höhere Instanz einer Bausparkundin im Streit um einen Altvertrag recht gegeben.

Die Kündigung eines mit drei Prozent verzinsten Vertrags aus dem Jahr 1978 durch die Bausparkasse Wüstenrot sei nicht rechtens gewesen, entschied das Oberlandesgericht Stuttgart am Mittwoch. Zuvor hatten andere Oberlandesgerichte in Koblenz, Celle, Hamm und München den Bausparkassen im Streit um Altverträge recht gegeben.

Vertrag seit fast 20 Jahren zuteilungsreif

Der betroffene Bausparvertrag ist seit gut zwei Jahrzehnten zuteilungsreif  – die Kundin hätte also Anrecht auf ein Bauspardarlehen, nutzt dies aber nicht. In dem Fall ging es um eine Bausparsumme von 40.000 D-Mark (etwa 20.500 Euro), von denen die Sparerin 15.000 Euro als Guthaben einzahlte, dann aber mit den Einzahlungen aufhörte.

Auch wegen der Niedrigzinsen am Kapitalmarkt hatte die Bausparkasse Wüstenrot der Sparerin gekündigt, wogegen die Kundin geklagt und in erster Instanz verloren hatte.

Das Oberlandesgericht Stuttgart bemängelte, dass die Bausparkasse der Sparerin nicht längst gekündigt habe, als die Einzahlungen aufgehört hatten. Dadurch habe das Geldinstitut zugelassen, dass der Vertrag ruhe. Da es das getan habe, könne sich die Bausparkasse nicht später auf ein gesetzliches Kündigungsrecht berufen, so der Richter.

Bisher rund 200.000 Verträge betroffen

Vergangenes Jahr hatten deutsche Bausparkassen etwa 200.000 Sparern den Vertrag gekündigt und dabei auf eine Art Sonderkündigungsrecht verwiesen, womit sie den Sparern zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündigen dürfen.

Verbraucherschützer bezweifeln aber, dass besagtes Kündigungsrecht anwendbar ist. Einige der betroffenen Sparer zogen vor Gericht. Für sie ist das Stuttgarter OLG-Urteil ein großer Erfolg. Das Oberlandesgericht Hamm hatte im Februar in einem ähnlichen Fall die Sicht der Bausparkasse bestätigt.

Klagewelle der Kunden

Seit vergangenem Jahr sind deutsche Gerichte mit einer Klagewelle gegen die Kündigung von Bausparverträgen beschäftigt, von den etwa 200 Urteilen an Amts- und Landgerichten gingen nach Angaben des Verbands der Privaten Bausparkassen etwa 90 Prozent zu Gunsten der Geldinstitute aus. Die Vergleiche, in denen die Bausparkassen den Kunden weit entgegenkommen, sind hierin aber nicht inbegriffen.

Ein Sprecher der Privaten Bausparkassen sagte, man halte an der Auffassung fest, dass die Kündigungen grundsätzlich rechtmäßig seien. Ein Wüstenrot-Vertreter sagte, man werde das Urteil prüfen. Ob das Finanzinstitut in Revision geht, wollte er nicht sagen. Geschieht dies, müsste der Bundesgerichtshof ein Machtwort sprechen.

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Der Anwalt der Klägerin, Filippo Siciliano, bezeichnete das Urteil als absolut richtig. Er gehe von einer BGH-Revision aus. „Es bleibt spannend“, so Siciliano. „Das letzte Wort hat wohl der BGH.“

Quelle: dpa-AFX

Foto: Shutterstock

 

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