Negativzinszahlungen an die EZB steigen auf 25 Milliarden Euro

Im vergangenen Oktober senkte die Europäische Zentralbank (EZB) den Einlagenzins für Banken auf -0,5 Prozent. Gleichzeitig führte sie durch eine Zinsstaffelung einen Freibetrag ein: Einlagenüberschüsse in Höhe der sechsfachen Mindestreserve, die die Banken als Pflichteinlage bei den nationalen Zentralbanken unterhalten müssen, werden vom Negativzins ausgenommen. Eine heute anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos vorgestellte Analyse des Hamburger FinTech-Unternehmens Deposit Solutions legt nun erstmals dar, wie sich die geldpolitischen Änderungen der EZB auf die Negativzinszahlungen der Banken konkret auswirken.

EZB in Frankfurt

Der Analyse zufolge haben die Banken seit Einführung der Strafzinsen im Jahr 2014 insgesamt 25 Milliarden Euro an die EZB bezahlt – über 6,5 Milliarden Euro davon im vergangenen Jahr. Mehr als die Hälfte der Summe kam von deutschen (33 Prozent) und französischen Banken (25 Prozent).

„Im vergangenen Jahr haben deutsche Banken fast zweieinhalb Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank gezahlt. Das entspricht 12 Prozent ihrer Vorjahresgewinne“, sagt Dr. Tim Sievers, CEO und Gründer von Deposit Solutions. „Ohne den Negativzins hätte dieses Geld den Banken für wichtige und notwendige Investitionen in ihre Wettbewerbsfähigkeit zur Verfügung gestanden.“

Staffelzins entlastet vor allem Banken in Südeuropa

Mit Einführung des Staffelzinses hat die EZB im Oktober 2019 insgesamt 770 Milliarden Euro an Überschussliquidität vom Negativzins freigestellt. Fiele auf diese Summe der neue Einlagenzins von -0,5 Prozent an, wären auf die Banken der Eurozone in diesem Jahr zusätzliche 3,9 Milliarden Euro an Belastung zugekommen, 1,1 Milliarden davon auf deutsche Banken.

„Mit dem Staffelzins entlastet die EZB Banken mit moderater Überschussliquidität innerhalb des Freibetrags spürbar. Banken mit hoher Überschussliquidität hingegen bestraft sie durch die Verschärfung des Negativzinses zusätzlich. Im Ergebnis kommt die Entlastung vor allem bei südeuropäischen Banken an. Deutsche und französische Institute müssen weiterhin mit jährlichen Negativzinszahlungen in Milliardenhöhe rechnen“, sagt Dr. Tim Sievers

So wiesen die deutschen Banken im Oktober 2019 Einlagenüberschüsse von insgesamt 640 Milliarden Euro aus. Das sechsfache ihrer Mindestreserve entsprach 224 Milliarden Euro, die somit maximal als Freibetrag vom Negativzins ausgenommen waren – also 35 Prozent. Italienische Banken hatten Einlagenüberschüsse in Höhe von 137 Milliarden Euro angesammelt. Ihr Freibetrag betrug 108 Milliarden Euro, also 79 Prozent der Überschüsse. Spanische Banken kamen sogar auf ein Verhältnis von über 80 Prozent. In Portugal, Griechenland und der Slowakei ist die Summe der Freibeträge sogar höher als der Einlagenüberschuss der Banken. 

Wie sehr einzelne Institute von der neuen Regelung profitieren, hängt davon ab, wie sehr ihre Überschussliquidität ihren individuellen Freibetrag übersteigt. „Die Banken könnten die von der EZB eingeräumten Freibeträge insgesamt deutlich effektiver nutzen, wenn Institute mit Einlagenüberschüssen diese an andere Banken mit ungenutzten Freibeträgen vermitteln würden. Unsere Open-Banking-Plattform ermöglicht unter anderem genau das“, so Dr. Tim Sievers. „Wir können so zu einem resilienteren und stärker integrierten europäischen Finanzsystem beitragen.“

Zinssenkung um 10 Basispunkte führt zu 1 Milliarde mehr Belastung

Die Analyse von Deposit Solutions wirft darüber hinaus einen Blick auf mögliche Zukunftsszenarien und zeigt auf, wie sich die Negativzinsbelastung in der Eurozone entwickeln würde, sollte die EZB die Zinsen senken oder erhöhen. So führt jede Zinssenkung um 10 Basispunkte zu einer weiteren Belastung von je einer Milliarde Euro für die Eurozone-Banken. Auf deutsche Banken entfielen davon rund 330 Millionen Euro. Jede Erhöhung um 10 Basispunkte wiederum würde die Banken um eine Milliarde entlasten.

Foto: Shutterstock

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