Green Deal für Industrie: Wichtiger als Förderung ist regulatorischer Rahmen

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Europäischer Green Deal bietet Chancen für Investitionen in emissionsintensive Grundstoffindustrie. Ein klarer politischer Rahmen muss aber sicherstellen, dass Investitionen auch wirtschaftlich sind und angestoßen werden.


Die klimaneutrale Transformation der Industrie gelingt nur, wenn sie sich für Unternehmen auch rechnet. WissenschaftlerInnen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) haben am Beispiel des emissionsintensiven Grundstoffsektors ausgearbeitet, welcher regulatorische Rahmen geschaffen werden muss, damit die Transformation zielgenau gelingt. Essenziell dafür sind wirksame CO2-Preise, die etwa über eine Ergänzung des Emissionshandels um einen Klimabeitrag und CO2-Differenzverträge erzielt werden können.

Zudem würde etwa die Ankündigung eines Verkaufsverbots CO2-intensiv hergestellter Grundstoffe wie Stahl, Zement oder Plastik dafür sorgen, dass klimaneutrale Produktionsprozesse auch umgesetzt werden. Zudem muss der Staat Farbe bekennen und verbindliche Ziele für den Anteil klimaneutraler Produktion im Klimaschutzgesetz definieren.

Konjunkturpakete bieten Chancen

„Konjunkturpakete zum Wiederaufbau nach der Corona-Krise bieten eine Chance zur Umsetzung des europäischen Green Deals“, sagt Karsten Neuhoff, Studienautor und Leiter der Abteilung Klimapolitik am DIW Berlin. „Eine Förderung der Investitionen allein reicht aber nicht aus. Damit Unternehmen tatsächlich in klimaneutralen Technologien investieren, sind klare regulatorische Rahmenbedingungen notwendig.“

Zusammenspiel verschiedener Instrumente nötig

Als zentral führen die DIW-WissenschaftlerInnen etwa eine Reform des EU-Emissionshandels mit dem Ziel an, dass sich die CO2-Kosten der konventionellen Grundstoffproduktion auch in der Wertschöpfungskette niederschlagen. Dies könnte etwa über einen Klimabeitrag realisiert werden – einer Abgabe, die für jede Tonne produzierten oder importierten Grundstoff anfällt.

Differenzverträge könnten helfen

Ein zusätzliches wirkungsvolles Instrument sind demnach CO2-Differenzverträge. Sie sichern Investitionen in klimafreundliche Produktions- und Recyclingprozesse gegen Risiken unsicherer CO2-Preise ab.  „Das sichert Investoren einen festen Erlös pro Tonne eingespartem CO2 und reduziert Risiken und Kosten bei der Finanzierung“, erklärt Studienautor Jörn Richstein.

„So können Projekte schon bei deutlich geringeren CO2-Preisen realisiert werden.“ Ebenfalls effektiv sind vergleichbare Differenzverträge für erneuerbare Energien – sie tragen dazu bei, dass die energieintensive Grundstoffindustrie sauberen Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen beziehen kann.

Industrie muss klimaneutrale Optionen auch umsetzen

Sicherstellen, dass Industrie klimaneutrale Optionen umsetzt 
Zudem muss sichergestellt werden, dass die Industrie klimaneutrale Optionen auch wirklich umsetzt: Dazu könnte laut Studienautorin Franziska Schütze etwa ein nachhaltiges Finanzwesen beitragen.

„Effektiv wären zudem Stresstests, die Unternehmen mit Blick auf ihre Klimaneutralität durchleuchten“, so Schütze. Neben Verkaufsverboten emissionsintensiv gefertigter Grundstoffe wären auch öffentliche Ausschreibungen unter nachhaltigen Kriterien sowie bessere Bedingungen für Kreislaufwirtschaft und Recyclingprozesse und die notwendige Infrastruktur unerlässlich.

Politik muss Instrumente bereitstellen

„Ein Zusammenspiel dieser und weiterer Maßnahmen würde dazu beitragen, dass die grüne Transformation und damit auch Klimaneutralität bis 2050 erreicht wird“, resümiert Studienautorin Olga Chiappinelli. „Nun liegt es an der Politik, diese Instrumente auch anzustoßen, um in der Wirtschaft Vertrauen zu schaffen, und klare Zielvorgaben für ihre Umsetzung festzulegen.“

Damit die erforderlichen Maßnahmen rechtzeitig und koordiniert umgesetzt werden, müssten im deutschen Klimaschutzgesetz und auch auf Europäischer Ebene Ziele für den Anteil CO2-neutraler Produktion verankert werden.

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