Rechtsfragen zur Digitalisierung, Teil 1: Beratung oder Vermittlung?

Für die Konzeption einer Online-Vertriebsplattform ist es sinnvoll, eine Anlagevermittlung anzustreben, da weniger Anlegerinformationen verarbeitet werden müssen und keine individuelle Analyse der Anlegersituation notwendig ist. Denn es erscheint fraglich, ob die für die Anlageberatung notwendige Analyse der individuellen Verhältnisse eines Anlegers durch automatisierte Prozesse und vordefinierte Algorithmen durchgeführt werden kann.

Allerdings kann bereits dann eine Anlageberatung vorliegen, wenn der Anleger – entgegen dem Willen des Vermittlers – den Eindruck gewinnt, dass seine persönlichen Umstände im Rahmen des Vertriebsprozesses geprüft werden. Daher muss die Online-Vertriebsplattform so gestaltet sein, dass ein irrtümlicher Eindruck einer Anlageberatung vermieden wird.

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Dies kann dadurch geschehen, dass der Anleger mehrfach darüber informiert wird, dass keine Geeignetheitsprüfung stattfindet. Dabei sollte nicht nur der Begriff „Geeignetheitsprüfung“ genannt werden, sondern es sollte ausdrücklich darauf hingewiesen werden, welche Aspekte (zum Beispiel Anlagedauer, Risikobereitschaft, Vermögenssituation) nicht berücksichtigt werden.

Bei der Abfrage der Informationen für die Angemessenheitsprüfung muss dem Anleger deutlich gemacht werden, dass durch die Prüfung lediglich analysiert wird, ob er über die Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken im Zusammenhang mit dem geschlossenen Investmentvermögen angemessen beurteilen zu können.

Es sollten möglichst wenige Informationen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung abgefragt werden. Denn je mehr Informationen ein Anleger offenbaren muss, umso eher wird er davon ausgehen, dass eine intensive und individuelle Analyse dieser Informationen erfolgt.

Erfahren Sie morgen im zweiten Teil des Artikels mehr zur Erhebung und Analyse der Angaben des Anlegers.

Gunter Reiff ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei der RP Asset Finance Treuhand GmbH in München und berät Kapitalverwaltungsgesellschaften bei der Konzeption und Erstellung von Verkaufsprospekten.

Foto: SFM Treuhand München Steuerberatungsgesellschaft

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