BGH urteilt am 27. Juni zu Einschnitten bei der Lebensversicherung

Lebensversicherer zahlen ausscheidenden Kunden in der historischen Niedrigzinsphase wohl zu Recht weniger Geld aus den sogenannten Bewertungsreserven aus. Die obersten Zivilrichter am Bundesgerichtshof (BGH) halten eine entsprechende Neuregelung von 2014 tendenziell für verfassungsgemäß, wie sich am Mittwoch in der Verhandlung in Karlsruhe abzeichnete.

Die BGH-Richter ließen durchblicken, dass nachprüfbar sein muss, ob die Kürzungen im konkreten Fall wirklich durch die wirtschaftliche Situation der Versicherung gerechtfertigt waren.

Zugleich deutete sich an, dass Versicherer den Umfang dieser Kürzungen aber künftig genauer darlegen müssen. Das Urteil wird am 27. Juni verkündet (Az. IV ZR 201/17).

Der Bund der Versicherten (BdV) kritisiert die Einschnitte als „Enteignung“ und will im Fall eines Kunden der zum Ergo-Konzern gehörenden Victoria Lebensversicherung ein Grundsatzurteil erstreiten. Dieser hatte wegen der Reform anstelle der einmal in Aussicht gestellten 2.821,35 Euro nur 148,95 Euro aus den Bewertungsreserven erhalten.

Dabei handelt es sich vereinfacht gesagt um Gewinne, die Versicherer erwirtschaften, indem sie Kundengelder am Kapitalmarkt anlegen. Die Versicherten sind daran am Laufzeit-Ende zu beteiligen. Um die unter der Zinsflaute leidende Branche zu stabilisieren, darf diese Summe seit 2014 aber nur noch so hoch sein, dass die Garantiezusagen für alle anderen Versicherten auf lange Sicht nicht gefährdet sind.

Kritik des BdV reicht weiter

Die BGH-Richter zeigten sich mit diesem Vorgehen grundsätzlich einverstanden, auch wenn es im Einzelfall Härten bedeute. Sie ließen aber durchblicken, dass nachprüfbar sein muss, ob die Kürzungen im konkreten Fall wirklich durch die wirtschaftliche Situation der Versicherung gerechtfertigt waren. Die Gerichte der Vorinstanzen hatten diese Frage ausgeklammert. Aller Voraussicht nach wird der Fall deshalb ans Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen werden.

Für den BdV, der am Amts- und Landgericht mit seiner Klage gescheitert war, wäre das ein Teilerfolg. „Es ist der Normalfall, dass das Versicherungsunternehmen dem Kunden nicht darlegt, ob und in welcher Form tatsächlich Sicherungsbedarf besteht“, sagte Vorstandssprecher Axel Kleinlein in Karlsruhe. Die Kritik der Verbraucherschützer reicht aber weiter: Versicherte mit alten und neueren Verträgen würden gegeneinander ausgespielt. Tatsächlich hätten die Unternehmen das Problem aber selbst geschaffen, indem sie sich verkalkuliert und zu hohe Zinsen garantiert hätten. (dpa-AFX)

Foto: Picture Alliance

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