„Wir verlassen die EU, aber nicht Europa“

Wenn der britische Versicherer Standard Life dieser Tage zu einer Podiumsdiskussion in die Britische Botschaft nach Berlin einlädt, wird dort natürlich sehr viel über den Brexit gesprochen. Monothematisch ging es auf der Veranstaltung aber nicht zu.

Botschafter Sir Sebastian Wood: „Wir müssen Freunde bleiben, wir werden Freunde bleiben.“

In seiner Begrüßungsansprache betonte Sir Sebastian Wood, der britische Botschafter in Deutschland, dass Großbritannien nach dem Brexit eine „tiefe und breite Partnerschaft“ mit der EU anstrebe, unter anderem in Form eines umfassenden Freihandelsabkommens. Es reiche allerdings nicht aus, bereits existierende Handelsabkommen der EU zu kopieren, wie zum Beispiel die Abkommen mit Kanada und Norwegen. Diese genügen laut Wood nicht den britischen Erfordernissen.

Großbritannien habe die EU immer als Wirtschaftsunion betrachtet, weniger als politische Union, sagte Wood. Dennoch bleibe man untrennbarer Teil Europas. „Wir verlassen die EU, aber nicht Europa“, so Wood.

Der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach nimmt den Brexit „mit großem Bedauern“ zur Kenntnis, wie er in der Podiumsdiskussion erklärte. Er äußerte die Befürchtung, dass das „britische Modell“ zum Vorbild für weitere EU-Mitgliedsstaaten werden könnte – dann nämlich, wenn es keinen substanziellen Unterschied mehr mache, ob ein Staat EU-Mitglied ist oder nicht. Die „Fliehkräfte“ innerhalb der EU könnten sich dann vergrößern.

Die Podiumsdiskussion fand in der Britischen Botschaft in Berlin statt.

Doch nicht nur der Brexit, sondern auch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank und die Zukunft der Altersvorsorge wurden in Berlin diskutiert. Mit Blick auf eine zukunftssichere Altersvorsorge riet Dr. Gerrit Jan van den Brink, Chief Financial Risk Officer bei Standard Life Deutschland, zu Diversifikation, Produktkonzepten ohne Garantien und einer stärkeren Orientierung an Sachwerten.

Letzteres ist ganz im Sinne von Professor Dr. Hartwig Webersinke, Dekan der Wirtschafts- und Rechtsfakultät der Hochschule Aschaffenburg, der das übertriebene Sicherheitsdenken der deutschen Sparer anprangerte. Für ihn ist nicht nachvollziehbar, dass die Deutschen zwar stolz sind, für Unternehmen wie Bosch oder Daimler zu arbeiten, sie aber mehrheitlich niemals in Aktien dieser Unternehmen investieren würden. Stattdessen horteten sie ihr Geld auf Girokonten, wo es massiv an Wert verliere.

„Vollständige Kontinuität im Service“

Auch die jüngste Entwicklung beim Veranstalter Standard Life kam zur Sprache. Der Konzern hatte Ende Februar angekündigt, sein Versicherungsgeschäft an den Abwickler Phoenix Group losschlagen zu wollen, um sich künftig auf die Vermögensverwaltung konzentrieren zu können.

Sir Gerry Grimstone, Chairman von Standard Life, betonte in Berlin, dass es für Makler und Kunden zu keinen wesentlichen Änderungen kommen werde. Man garantiere eine vollständige Kontinuität im Service, so Grimstone. Den Brexit bedauerte auch er ausdrücklich, schränkte aber ein: „There is more to life than Brexit!“ (kb)

Fotos: Picture Alliance

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