Urteil: Prospekt ist kein Freibrief

Vermittler dürfen die Risiken eines geschlossenen Fonds nicht abweichend vom Prospekt schönreden, sonst machen sie sich unter Umständen schadenersatzpflichtig. Diese nicht ganz neue Erkenntnis wird mit einem heute veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12. Juli 2007 nun höchstrichterlich untermauert (Aktenzeichen III ZR 83/06).

„Der Umstand, dass ein Beteiligungsprospekt Chancen und Risiken der Kapitalanlage hinreichend verdeutlicht, ist kein Freibrief für den Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt entwertet (?)?, so der Leitsatz des Gerichts.

Im konkreten Fall ging es um den Dreiländerfonds (DLF) 94/17 des Stuttgarter Initiators Walter Fink. Der BGH hatte bereits im Januar 2006 in einem anderen Verfahren zu dieser spektakulären Schieflage festgestellt, dass der Prospekt des Fonds in Ordnung war.

Im jetzt entschiedenen Fall behauptet die Klägerin aber unter anderem, der Vermittler habe ihr abweichend vom Prospekt eine jährliche Ausschüttung von sieben Prozent ?garantiert? und darauf hingewiesen, dass sie den Fondsanteil nach einem Jahr frei und ohne jeglichen Verlust wieder veräußern könne. Die Vorinstanz hat diese Behauptungen nach Ansicht des BGH nicht ausreichend geprüft, weswegen der Fall an sie zurückverwiesen wurde. Entschieden ist er also noch nicht.

Beachtung verdient vor allem die Auffassung des Gerichts, dass auch der Hinweis auf die jederzeitige Veräußerbarkeit des Fondsanteils eine Haftung des Vermittlers auslösen kann. Denn Fink unterhielt 1995, dem Zeitpunkt der fraglichen Beteiligung, als einziger Initiator mit seinen Dreiländer-Handelsbeteiligungen (DHB) eigene Fonds, die systematisch Anteile an den DLF aufkauften. Damit war durchaus eine Fungibilität gewährleistet, die mit dem wesentlich weiter entwickelten Zweitmarkt von heute vergleichbar ist.

Vermittler gehen demnach weiterhin ein hohes Haftungsrisiko ein, wenn sie zum Beispiel mit dem Hinweis auf die Plattformen der Hamburger und der Berliner Börse oder die bestehenden Zweitmarktfonds das prospektierte Risiko der mangelnden Fungibilität kleinzureden versuchen. (sl)

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