Freude über BGH-Kick-Back-Urteil ist verfrüht

Mit seiner Entscheidung, die für Banken geltende Offenlegungspflicht bei versteckten Provisionen nicht auf freie Vermittler anzuwenden, lässt der Bundesgerichtshof (BGH) den unabhängigen Vertrieb aufatmen. Der auf die Beratung von Vertriebsunternehmen spezialisierte Berliner Anwalt Dietmar Goerz erklärt die Hintergründe.

Gastkommentar: Dietmar Goerz, GPC Law Rechtsanwälte

Dietmar Goerz, GPC Law
Dietmar Goerz, GPC Law

Die so genannten Kick-Back-Entscheidungen des BGH haben in jüngster Zeit für viel Aufregung in der Vermittlerbranche gesorgt. Die Richter in Karlsruhe haben damit die Pflicht für Finanzdienstleister begründet, Kunden bei der Vermittlung von Kapitalanlagen über eventuell erhaltene „Rückvergütungen“ („Kick-Backs“) aufzuklären. Der Zufluss von Rückvergütungen sei ein „aufklärungspflichtiger Interessenkonflikt“, so der BGH.

Spektakulär war dabei der Beschluss aus dem Januar 2009. Die Pflicht zur Aufklärung über Interessenkonflikte, die eigentlich nur für die Wertpapiervermittlung gilt, also beispielsweise bei Investmentfonds oder Zertifikaten, weitete das Gericht auch auf die Vermittlung von Produkten des unregulierten „Grauen Kapitalmarkt“ aus, also auf geschlossene Fonds.

Ein Verstoß gegen diese Aufklärungspflicht löst beim Kunden einen Anspruch auf Schadenersatz aus. Was Haftungsprozesse der Kunden stark vereinfacht. Denn wer sich auf eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht beruft, muss weder eine Fehlberatung beweisen, noch einen Kapitalverlust erlitten haben. Die Kick-Back-Grundsätze erlauben so generell den jederzeitigen Produktausstieg, egal wie das Produkt läuft. Eine brandgefährliche Ausgangslage für Vermittler. Die Kick-Back-Rechtsprechung ließ zudem bisher einige wichtige Fragen offen. Unklar waren dabei vor allem zwei Fragen: Was ist genau unter „Rückvergütungen“ zu verstehen und ist die Rechtsprechung nur auf Banken anwendbar?

Der BGH hat dann im Oktober 2009 festgestellt, dass aufklärungspflichtige Rückvergütungen nur dann vorliegen, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde zahlt, „hinter seinem Rücken“ an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen. Grundsätzlich geht es darum, ob der Vermittler ein besonderes Interesse hat, dem Kunden ein bestimmtes Produkt zu empfehlen und ob dies für den Kunden erkennbar ist.

Seite 2: Warum das aktuelle BGH-Urteil noch aufgeweicht werden könnte

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