12. Branchengipfel Sachwertanlagen: „Jetzt ist der Vertrieb gefragt“

Mehr Eigenkapital muss kein Nachteil sein, auch nicht für Erneuerbare-Energien-Anlagen in Deutschland, die durch die gestiegenen Strompreise ohnehin eine deutlich verbesserte Ausgangslage haben. Jörg Busboom sieht wegen der höheren Eigenkapitalanforderungen der Banken sogar einen Vorteil: Die Investitionsmöglichkeiten für die Ökorenta-Fonds würden signifikant steigen, weil Projektentwickler entsprechenden Kapitalbedarf haben und nun, anders als zuvor, die Beteiligung an ihren Projekten ermöglichen. „Wir bekommen dadurch Zugriff auf solche Parks, zu denen wir in der Vergangenheit keinen Zugang hatten“, sagte er. Das Investitionsvolumen von Ökorenta in Erneuerbare Energien-Projekte hat sich demnach 2022 gegenüber dem Vorjahr verdreifacht.

Auch im Vertrieb von Eigentumswohnungen (ETW) an Kapitalanleger ist nun wieder mehr Eigenkapital gefragt. Die Zeit mit null oder kaum Zuzahlung bei den Endkundenfinanzierungen und nahezu ohne Eigenkapital sei vorbei, sagte Andreas Schrobback. Bei durchschnittlich zehn Prozent Inflation gebe es aber auch bei hohen Zinsen keine Alternative zur vermieteten Immobilie als Sachwertanlage, so Schrobback.
So wird die hohe Inflation vieles heilen. Schließlich gibt es bei Sachwerten kaum etwas Besseres als Inflation – und umgekehrt. Sie ist aber wiederum auch der größte Bremsklotz im Vertrieb. Denn die Kunden sind massiv verunsichert, sorgen sich um ihre Nebenkostenabrechnungen sowie weiter steigende Preise und treffen vielfach keine Entscheidungen.

Moderatoren: Cash.-Chefredakteur Frank Milewski (links) und Stefan Löwer,
Cash.-Ressort Sachwertanlagen. (Foto: Florian Sonntag)

Dabei steht auch eine Frage im Raum, die zugegebenermaßen etwas ketzerisch ist, aber von Kunden offenbar tatsächlich nicht selten gestellt wird: Zweistellige Geldentwertung, aber durchweg nur eine einstellige Renditeprognose von Sachwertanlagen – warum soll ich dort investieren? Die Antwort der Experten darauf ist – grob zusammengefasst – einhellig: „Nichtstun ist auch keine Option“, jedenfalls keine vernünftige. Und: „Jetzt ist der Vertrieb gefragt“.

Die Finanzdienstleister müssen den Kunden die Folgen von Nichtstun erklären und die Alternativen aufzeigen. Das Geld auf dem Konto liegen zu lassen, entspricht schließlich einem realen Wertverlust in nicht unbeträchtlicher Höhe. Schon mit der laufenden Rendite einer Sachwertanlage lässt sich dieser zumindest zum Teil auffangen, zumal die Inflation sicherlich nicht über längere Zeit auf dem aktuellen Niveau bleiben wird. Und Alternativanlagen mit einem vergleichbaren Rendite-Risiko-Verhältnis gibt es ohnehin kaum. „Anders als beispielsweise ein Aktienfonds ist der Sachwert eine gute, weil planbare Alternative“, betonte zum Beispiel Rauno Gierig.

Alternative Modellrechnungen hilfreich

Zu den laufenden Erträgen kommt der Wertzuwachs der Assets, gerade bei hoher Inflation. „Der Wertzuwachs der Immobilie aufgrund einer Vielzahl von Parametern muss berücksichtigt werden. Diese entscheidenden Punkte sieht der Anleger zum Schluss, beim Verkauf der Beteiligung“, sagte etwa Stefan Litterscheidt. Das gilt, wenn auch sicherlich mit temporären Abweichungen und nicht in jedem Fall automatisch, so doch grundsätzlich für Immobilien, weil die Mieteinnahmen und der Wert über kurz oder lang mit der Inflation steigen. Durch Fremdkapital, das nominal konstant bleibt und deshalb real sinkt, lässt sich der Effekt noch hebeln.

Dabei kann es hilfreich sein, so wie Dr. Peters dem Vertrieb Modellrechnungen an die Hand zu geben, wie sich eine dauerhaft hohe Inflationsrate auf das Ergebnis des betreffenden Fonds auswirken würde. „Wir haben dabei nicht mit der aktuellen Rate von zehn Prozent gerechnet, die sicherlich bald wieder sinken wird, sondern mit drei Prozent“ berichtete Sven Mückenheim. Schon in diesem Fall steigt der prognostizierte Überschuss um mehr als einen Prozentpunkt pro Jahr. In dem „nicht sehr wahrscheinlichen“ Szenario einer Inflationsrate bis ins Jahr 2033 von sechs Prozent pro Jahr wäre sogar ein Gesamtmittelrückfluss von bis zu 200 Prozent möglich.

Eigentlich sehr positive Bedingungen für Sachwertanlagen

Auch Erneuerbare-Energien-Anlagen verfügen über einen Schutz gegen Geldentwertung, wobei er in diesem Fall weniger von der allgemeinen Inflationsrate und mehr von der Entwicklung der Strompreise abhängen dürfte. Ebenso die Inflation abfedern können Unternehmensbeteiligungen, also Private Equity – sofern die Zielunternehmen die Preissteigerungen an ihre Kunden weitergeben können. Voraussetzung dafür ist eine entsprechend starke Marktstellung. „Unser Anlagefokus liegt auf Fondsmanagern, die Unternehmen identifizieren, für die es keine oder nur wenige Substitute gibt“, sagte Nico Auel. Die Produkte sind also nur schwer anderweitig zu ersetzen und Preiserhöhungen leichter durchzusetzen. Dann steigen bei hoher Inflation auch die Gewinne und der Wert der Zielunternehmen sowie letztlich die Rendite für die Investoren der RWB-Fonds entsprechend.

Eigentlich sind die Bedingungen also sehr positiv für Sachwertanlagen. Genauer gesagt: An ihnen führt kein Weg vorbei. Doch es braucht Zeit und eine einigermaßen stabile Entwicklung, um die veränderten Rahmenbedingungen in den Konzepten und Kalkulationen für neue Emissionen berücksichtigen zu können. Dabei spielt auch der Genehmigungsprozess für neue Publikums-AIFs bei der BaFin eine Rolle. Sollten sich während der meistens mehrere Wochen oder gar Monate dauernden Prüfung die Rahmendaten erneut wesentlich ändern, ist die ursprüngliche Kalkulation womöglich Makulatur und die Sache muss von vorn beginnen. Das ist aus Anbietersicht höchst unerfreulich.

Hinzu kommt weiterhin das Thema ESG, das die Neuemissionen bremst wie eine Sanddüne die Radtour: Es geht nur sehr mühsam voran. Immerhin sind mittlerweile die ersten ESG-konformen Publikums-AIFs auf dem Markt, darunter der erste Artikel-9-Publikums-AIF, den Branchengipfel-Teilnehmer Ökorenta aufgelegt hat. Auch Hep global befand sich in der finalen Phase der BaFin-Genehmigung für einen Artikel-9-Fonds (inzwischen wurde der Fonds von der BaFin genehmigt). Dr. Peters hat die Genehmigung für einen Artikel-9-Spezial-AIF erhalten und plant im Publikumsbereich mit Artikel 8. Primus Valor ist in der fortgeschrittenen Vorbereitung, mit dem geplanten nächsten Fonds ebenfalls Artikel-8 zu entsprechen und Verifort Capital fährt zweigleisig: Das Unternehmen plant mit Healthcare-Immobilien sowohl einen Artikel-8- als auch, mit einer etwas geringeren Rendite, einen Artikel-9-Fonds.

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