Fratzscher und Fuest über gescheiterte Jamaika-Sondierungen

Marcel Fratzscher und Clemens Fuest, die Präsidenten des DIW und des Ifo-Institutes haben sich zu den geplatzten Koalitionsverhandlungen geäußert. Beide sprechen sich gegen Neuwahlen aus, ihre Begründungen unterscheiden sich aber leicht.

Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Institutes, Bildquelle: Ifo-Institut
Clemens Fuest: „Da auch Neuwahlen kaum grundlegend veränderte Mehrheiten bringen dürften, ist eine Minderheitsregierung wahrscheinlich“

Der Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Professor Marcel Fratzscher, sieht nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen Chancen für einen zweiten Anlauf. Die FDP hatte am späten Sonntagabend die Verhandlungen mit CDU, CSU und Grünen überraschend platzen gelassen.

„Noch sind nicht alle Stricke gerissen. Die Jamaika-Parteien müssen einen neuen Anlauf machen, denn sie wissen: Für keine von ihnen würden Neuwahlen Erfolg versprechen“, sagte Fratzscher am Montag.

Deutschland brauche eine handlungsfähige Regierung mit Visionen. Die Parteien müssten bei neuen Gesprächen die Probleme der Wirtschafts– und Sozialpolitik angehen. Fratzscher nannte unter anderem Forschung und Bildung, Digitalisierung, die Integration Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt sowie die Reform Europas und des Euro.

Chancen und Risiken bei Minderheitsregierung

Nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen spricht Ifo-Präsident Clemens Fuest über eine mögliche Minderheitsregierung. „Da auch Neuwahlen kaum grundlegend veränderte Mehrheiten bringen dürften, ist eine Minderheitsregierung wahrscheinlich“, sagte er in München.

„Für die Wirtschaftspolitik bringt eine Minderheitsregierung Risiken, aber auch Chancen. Das größte ökonomische Risiko besteht in der wachsenden Unsicherheit über den Kurs der Wirtschaftspolitik und die Stabilität der Regierung“, sagt Fuest.

„Die Chance besteht darin, dass die Rolle des Parlaments gestärkt wird und über einzelne politische Entscheidungen ausführlicher und offener diskutiert wird. Die skandinavischen Länder und Kanada haben mit Minderheitsregierungen oft gute Erfahrungen gemacht.“

Dax auf Talfahrt

Das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen hat den deutschen Aktienmarkt auf Talfahrt gehalten. Nach deutlich schwächerem Start gelang es dem Dax aber schon in den ersten Minuten, sein Minus auf 0,21 Prozent zu reduzieren und 12.965,96 Punkte zu erreichen.

Der Index knüpft damit an seine jüngste Schwächeperiode an. Seit seiner Bestmarke von 13.525 Punkten vor knapp zwei Wochen ist er bereits um mehr als vier Prozent gefallen. (dpa-AFX/kl)

Foto: Ifo-Institut

 

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