Interview Simon Brunke, Exporo: „Wir öffnen die Anlageklasse Private Real Estate Debt“ 

Simon Brunke: „Wir werden unsere Leistungsbilanz zukünftig noch mehr in den Vordergrund stellen.“ / Foto: Carolin Thiersch Photography

Brunke: Wer in den letzten knapp zehn Jahren in alle Exporo-Projekte die gleiche Summe investiert hat, hat bislang eine Rendite von 6,4 Prozent pro Jahr erzielt, und zwar inklusive der wenigen Ausfälle oder Teilausfälle. Wir finden, das ist ein sehr ordentliches Ergebnis, auf das wir stolz sind. Wir veröffentlichen regelmäßig Leistungsbilanzen auf unserer Website und werden diese zukünftig noch mehr in den Vordergrund stellen. Allein im Bereich Exporo haben wir bis zum Stichtag 31. Dezember 2022 insgesamt 530 Projekte vermittelt. 

Inwieweit spielt die sehr große Zahl an Projekten eine Rolle bei der öffentlichen Wahrnehmung? 

Brunke: Leider werden nur verspätete Projekte von manchen Medien aufgegriffen und in den Vordergrund gerückt. Wenn die Rückzahlung dann einige Wochen oder Monate später vollständig erfolgt ist und die Anleger während der Zeit sogar von erhöhten Zinsen profitiert haben, ist das meistens keinen Bericht wert. Das ärgert mich manchmal, es hängt aber auch damit zusammen, dass wir viel transparenter sind als beispielsweise viele Fonds, wo der Anleger überhaupt nicht sieht, in welche Immobilien er investiert. Bei einer transparenten Plattform fällt es halt sofort auf, wenn sich Rückzahlungen verschieben. Bei offenen Immobilienfonds geht es in der Masse der Objekte unter. Auch bei geschlossenen Fonds wird derlei meist wegen der langen Laufzeiten und weil die Geschäftsberichte erst mit großer Verzögerung veröffentlicht werden müssen, nicht transparent dargestellt. Das geht bei unserem Geschäftsmodell einfach nicht – und das ist auch gut so. 

Wie stehen die noch laufenden Finanzierungen da? 

Brunke: Das aktuelle Darlehensportfolio steht – insbesondere unter Berücksichtigung der makroökonomischen Gesamtlage seit einem Jahr – sehr gut da, wie bereits erwähnt. Zum Stichtag der jüngsten Leistungsbilanz befanden sich 100 Projekte noch innerhalb der regulären Laufzeit, 18 waren – damals noch – verspätet. Selbstverständlich werden Verzögerungen, wie auch in den letzten neun Jahren, von uns eng begleitet, wie zum Beispiel die Verwertung von Sicherheiten beziehungsweise das aktive Einholen offenerer Forderungen. Dafür betreiben wir einen hohen Aufwand, für den wir auch ein sehr großes Team an Immobilien-, Bank- und Rechtsexperten beschäftigen. Jede Verzögerung ist eine zu viel, festzuhalten bleibt aber, dass unsere Ausfallquote bei unter einem Prozent liegt.

Themenwechsel: Strebt Exporo eine Zulassung nach der EU-weiten Regulierung als European Crowdfunding Service Provider, kurz ECSP, an und wann rechnen Sie gegebenenfalls damit? 

Brunke: Wir prüfen derzeit, ob unser Geschäftsmodell unter den Anwendungsbereich der ECSP fällt, ob dadurch große Vorteile entstehen und sind dabei im engen Austausch mit der BaFin, also der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Diese Prüfung erfolgt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der deutsche Gesetzgeber im Alleingang und zur Überraschung vieler Marktteilnehmer in das deutsche Umsetzungsgesetz eine individuelle Abweichung im Vergleich zu anderen Ländern verankert hat. Das wird de facto dazu führen, dass deutsche Plattformen ECSP nicht nutzen können, da kein vernünftig denkender Geschäftsleiter sich einem persönlichen Haftungsrisiko aussetzen wird. Der deutsche Gesetzgeber hat mit diesem – in der deutschen Rechtsgeschichte beispiellosen – Vorgehen, quasi im Vorbeigehen, das wichtigste Merkmal der juristischen Personen aufgehoben: Die Einschränkung der persönlichen Haftung für Geschäftsführer und Vorstände. 

Welche Ziele verbinden Sie gegebenenfalls mit der ECSP-Zulassung in Bezug auf die Strategie von Exporo oder auch auf die Produkte? 

Brunke: Sollte der Anwendungsbereich der ECSP für das Geschäftsmodell von Exporo eröffnet sein und sollten die Haftungsregelungen angepasst werden, sehen wir die Chance, unsere Anlagen EU-weit mit wenig bürokratischem Aufwand anbieten zu können. Der Markt für unsere Anlageprodukte würde sich also erweitern. Unsere Anlageprodukte würden wir entsprechend der Vorgaben der ESCP-Verordnung anpassen. Die meisten Anforderungen erfüllen wir als MiFID-II-reguliertes Unternehmen ohnehin schon. Exporo verfügt über eine Erlaubnis der BaFin nach dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) unter anderem zur Anlageberatung und zur Finanzportfolioverwaltung. Damit dürfen wir in Deutschland alle Arten von Wertpapieren und auch klassische Finanzierungen, also ohne Nachrangklausel, vermitteln. Eine ECSP-Zulassung würde uns insofern deutlich weniger zusätzliche Möglichkeiten bieten als vielleicht anderen Plattformen, die keine solche Lizenz haben. Das Thema steht deshalb bei Exporo nicht so sehr im Vordergrund. 

Weiteres Regulierungsthema ist die geplante EU-Richtlinie für Markets in Crypto Assets, kurz MiCA, also für Kryptowerte. Exporo legt zum größten Teil „tokenisierte“ Emissionen auf, also digitale Wertpapiere – sogenannte Token – auf Basis der Blockchain-Technologie. Inwieweit sind Sie von der MiCA-Richtlinie betroffen? 

Brunke: Exporo und unser Geschäftsmodell fallen, nach aktuellem Stand, nicht unter die geplante EU-Regulierung für Kryptowerte (MiCA). Somit sehen wir derzeit keine unmittelbaren Auswirkungen auf unsere Emissionen. 

Zuletzt gab es einige Skandale in Zusammenhang mit Krypto- „Währungen“ und „-Börsen“. Inwieweit wird das von Ihren Kunden oder der Öffentlichkeit in einen Topf mit den Exporo-Token geworfen und wie belastet ist das Image der Blockchain-Technologie generell?

Nächste Seite: „Wir wollen klassische Finanzdienstleister in die digitale Welt mitnehmen“

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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