Schäubles Sachverstand statt Aigners Vorurteile

Die Löwer-Kolumne

Der Vorstoß der Bundesregierung zur Regulierung des Vertriebs geschlossener Fonds kommt wenig überraschend. Erstaunlich allerdings ist, dass die Ankündigung des Gesetzentwurfs nicht aus dem Verbraucherschutzministerium von Ilse Aigner, CSU, stammt, sondern aus dem Finanzministerium von Wolfgang Schäuble, CDU.

Cash.-Kolumnist Stefan Löwer
Cash.-Kolumnist Stefan Löwer

Schließlich hatte sich Aigner schon Ende 2008 im Zuge einer umstrittenen Studie mit wenig sachkundigen und von Vorurteilen triefenden Äußerungen zur Finanzberatung aus dem Fenster gelehnt und sich seitdem für eine Regulierung stark gemacht. Zuletzt hatte sie unter anderem eine „Checkliste für die Geldanlageberatung“ veröffentlicht, und auch im Koalitionsvertrag wird das Thema in der Rubrik „Verbraucherschutz“ abgehandelt.

Für die Branche kann der Wechsel der Zuständigkeit nur gut sein. Auch wenn Schäuble ebenfalls den Begriff „Grauer Kapitalmarkt“ verwendet, der für den größten Teil der Branche längst unpassend ist: Dem Finanzministerium, dem auch die Aufsichtsbehörde Bafin untersteht, sind weitaus weniger Vorurteile und deutlich mehr Sachverstand zuzutrauen als den Verbraucherschützern. So finden sich etwa die unsäglichen Forderungen nach einem „Finanz-TÜV“ oder einer „Produktampel“ in dem Schäuble-Papier nicht wieder.

Dennoch wird die Regulierung eine Zäsur sein. Das betrifft vor allem die geplante Einstufung geschlossener Fonds als Finanzinstrumente. Sie bedeutet nichts anderes als den Tod des freien Vertriebs und wird von den Verbänden VGF, AfW und Votum zu Recht kritisiert. Auch für die Emissionshäuser hätte die Umqualifizierung der Fondsanteile Konsequenzen: Sie dürften ihre Angebote nicht mehr durch Platzierungsgarantien oder ähnliches absichern, sofern sie nicht über eine Zulassung als Kreditinstitut verfügen.

Durch die Ausweitung der Bafin-Prüfung auf die „Kohärenz“ der Fondsprospekte dürfte hingegen lediglich der Aufwand für die Emissionshäuser steigen (und damit die mittelbar von den Anlegern zu tragenden Kosten). Mehr Sicherheit wird eine solche Prüfung kaum bringen, eher das Gegenteil. Eine Kohärenzprüfung wie bei Wertpapieren bezieht sich lediglich darauf, ob der Prospekt in sich schlüssig und frei von Widersprüchen ist. Auf diese Weise können allenfalls die vollkommen abstrusen Angebote ausgesiebt werden. Die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten und Richtigkeit der Angaben im Prospekt prüft die BaFin weiterhin nicht.

Wenn Verbraucherschützer bessere Informationen für Anleger und eine schärfere Kontrolle durch die BaFin fordern, scheinen sie oft etwas anderes zu meinen: Eine Garantie vor Verlusten. Durch eine erweiterte Bafin-Prüfung steigt die Gefahr, dass bei Anlegern genau dieser falsche Eindruck entsteht. Doch dass Risiken, die zur Erschließung unternehmerischer Chancen eingegangen werden müssen, im Einzelfall tatsächlich eintreten können, wird auch ein noch so ausgefeiltes Regelwerk nicht verhindern können.

Stefan Löwer ist Chefanalyst der G.U.B., Deutschlands ältester Ratingagentur für geschlossene Fonds, und begleitet den Themenbereich geschlossene Fonds in der gesamten Cash.-Unternehmensgruppe. Als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst  beobachtet Löwer die Branche und ihre Produkte insgesamt bereits seit mehr als 15 Jahren.

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