Zinskommentar: Spannung vor viertem Quartal

Die lockere Geldpolitik der FED und der Europäischen Zentralbank führt Anfang Oktober zu einem Bestzins für zehnjährige Hypothekendarlehen von 0,68 Prozent – und erreicht damit ein neues Rekordtief. Gastkommentar von Stephan Gawarecki, Dr. Klein & Co. AG.

Dr. Klein Stephan Gawarecki
„Gerade im vierten Quartal könnten sich die Notenbanken und auch die Staatsanleihen bewegen, was sich dann auch wiederum auf die Baufinanzierungszinsen auswirken würde.“

Die Anspannung war an den US-Börsen spürbar, auch wenn ein Großteil der Experten davon ausging, dass Janet Yellen, die Chefin der US-Notenbank (FED), eher vorsichtig agieren und damit die Anhebung des amerikanischen Leitzinses zumindest vertagen würde. Was sie auch tat: Der Leitzins bleibt vorerst gleich.

Die Stimmen der so genannten „Tauben“, also jener Marktteilnehmer, die für eine Fortsetzung der expansiven Geldpolitik argumentieren, fanden somit erneut Gehör. Zu deren gewichtigsten Argumenten zählen die stagnierende Inflationsrate und die noch unsichere Lage am Arbeitsmarkt. Kriterien, wegen der Yellen in der Vergangenheit die Konjunkturerwartungen zwei Mal in Folge nach unten korrigieren musste.

Aufschwung in Sicht

Ein Aufschwung scheint jedoch in Sicht: Jüngst berichteten amerikanische Medien, dass die heimische Wirtschaft in größerem Maße wachse als aufgrund von Unsicherheiten hinsichtlich des Präsidentschaftswahlkampfes angenommen. Nun scheint zumindest dieses Argument ausgehebelt. Außerdem brachte Yellen aktuell den Ankauf von Unternehmensanleihen ins Gespräch.

Die EZB hatte schon im Juni damit begonnen, Unternehmensanleihen zu erwerben, um weiter günstiges Geld in den Markt zu pumpen. Damit sollen die Voraussetzungen für Kredite optimiert werden, um vermehrt Investitionen zu generieren und auf diese Art die Wirtschaft zu beflügeln. Anders als in Europa müsste in den USA für den Ankauf von Unternehmensanleihen jedoch noch eine Gesetzesänderung erfolgen.

Steigerung der Verbraucherpreise in Deutschland

Im September stieg die deutsche Inflationsrate auf 0,7 Prozent und damit um 0,3 Prozentpunkte zum Vormonat und rangiert auf einem deutlich höheren Niveau als im Vorjahr (September 2015: 0,0 Prozent).

So zaghaft diese Entwicklung auch ist, sie könnte als Frucht der EZB-Politik gewertet werden. Der gewünschte Kreislauf – geringer Leitzins, günstige Kredite, Unterstützung der Wirtschaft, mehr Geld im Umlauf – hat eine Erhöhung der Inflation zur Folge. Der Zielwert der EZB liegt allerdings bei zwei Prozent.

Anfang Oktober wurden Spekulationen laut, nach denen die EZB einen sukzessiven Austritt aus ihren Käufen von Bundesanleihen plane. Die EZB dementierte diese Gerüchte. Doch am Markt bleibt ein Stück Verunsicherung zurück.

Würde sich die EZB aus dem Anleihekaufprogramm zurückziehen oder auch die US-Notenbank ihre Referenzzinssätze erhöhen, könnten langfristig die Kurse der Bundesanleihen sinken, ihre Rendite und damit ihre Zinsen würden steigen, was sich wiederum auf die Baufinanzierungszinsen auswirkt.

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Baufinanzierungszinsen weiterhin sehr günstig

Im September war die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen erstmals seit Juli wieder im positiven Bereich zu verzeichnen. Derzeit dotiert sie jedoch wieder im negativen Bereich. Durch diese Entwicklung – hin zu wieder geringeren Renditen – werden niedrige Bauzinsen begünstigt.

Im Oktober finden unsere Kunden nochmals günstigere Zinsen vor, ein erneutes Allzeittief. Gerade im vierten Quartal könnten sich die Notenbanken und auch die Staatsanleihen bewegen, was sich dann auch wiederum auf die Baufinanzierungszinsen auswirken würde. Doch der Zusammenhang zwischen EZB-Leitzins und den Baufinanzierungszinsen ist kein direkter, und auch eine Veränderung der Renditen der Staatsanleihen zeigt sich nur verzögert.

Autor Stephan Gawarecki ist Vorstandssprecher der Dr. Klein & Co. AG, Lübeck.

Foto: Dr. Klein

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