Prospekthaftung: Pfeift der BGH komplett auf die BaFin?

Das Urteil muss auch deshalb zu denken geben, weil weiterhin weder das VermAnlG noch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) eine Prüfung der Prospekte auf inhaltliche Vollständigkeit oder gar auf Plausibilität durch die BaFin vorsehen.

Eine Kohärenzprüfung durch die Behörde ist zudem nur bei Vermögensanlagen vorgeschrieben, nicht bei den eigentlich einem höheren Regulierungsniveau unterliegenden alternativen Investmentfonds (AIF) nach dem KAGB, jedenfalls nicht explizit.

Die Rechtssicherheit ist heute – auch im freien Vertrieb – zwar schon deshalb höher, weil er über eine obligatorische Haftpflichtversicherung verfügt, die im Zweifel einspringt. Der aktuelle Fall belegt jedoch, dass es durchaus seinen Grund hat, dass trotzdem weiterhin eine Plausibilitätsprüfung durch den Vertrieb empfohlen wird, schon um entsprechendes Theater zu vermeiden. Auf die BaFin jedenfalls ist kein Verlass.

„Gehörige Prüfung“

Der BGH verwendet in dem aktuellen Urteil überwiegend die gleichen Formulierungen wie regelmäßig auch bei seinen Entscheidungen zur Vertriebshaftung und nimmt teilweise auch Bezug darauf. Allerdings ist der Vertrieb zu einer Plausibilitätsprüfung „mit üblichem kritischen Sachverstand“ verpflichtet, ein Treuhandkommanditist hingegen muss eine „gehörige Prüfung“ vornehmen, wo auch immer der Unterschied liegen mag.

Der BGH kassierte in dem Urteil auch den – in vielen Verträgen in ähnlicher Weise enthaltenen – Haftungsausschluss des Treuhänders. Derartige Klauseln zur „formularmäßigen Haftungsfreizeichnung“ seien wegen der grundlegenden Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz der Investoren nichtig.

Obwohl auch der Treuhandvertrag im Rahmen der BaFin-Prospektprüfung nicht beanstandet worden war, steht der Treuhänder nun ohne Hosen da – und eine ganze Reihe andere Treuhandkommanditisten ebenfalls.

Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse und betreut das Cash.-Ressort Sachwertanlagen. Er beobachtet den Markt der Sachwert-Emissionen als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt schon seit mehr als 25 Jahren. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.

Foto: Florian Sonntag

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