Zunehmender Populismus: Brauchen wir eine unabhängige Rentenpolitik?

Wiederum analog zur Geldpolitik könnte die Rentenpolitik als Nebenziel haben, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Regierung zu unterstützen. Das würde beispielsweise Beitragserhöhungen in einer schweren Wirtschaftskrise ausschließen. Bei einem negativen externen Schock oder einer Finanzkrise wie 2008 würde stattdessen das zukünftige Rentenniveau angepasst.

Chancen eines fiskalpolitischen Stimulus

So bliebe das Vertrauen in die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen hoch und die Furcht vor einem langfristigen Kollaps des Rentensystems gering. Ein fiskalpolitischer Stimulus hätte in dieser Situation eine höhere Chance, nicht von Mechanismen wie der ricardianischen Äquivalenz konterkariert zu werden – also von einer bei Steuersenkungen steigenden privaten Sparquote.

(3) Die verteilungspolitische Wirkung eines jeden Rentensystems ist traditionell sicherlich der Hauptgrund dafür, dass darüber demokratisch legitimierte Politiker entscheiden. Der Vorteil einer von der Regierung aktiv gestalteten Rentenpolitik schwindet in einer überalternden Bevölkerung aber dahin, wenn de facto (i) das verteilungspolitische Abwägen über ein höheres Renteneintrittsalters nicht mehr adäquat stattfindet und (ii) die politischen Prozesse eine nachhaltige Finanzierung von Rentensystemen so gut wie unmöglich machen.

(4) Bei der Rentenpolitik haben auch kurzfristig motivierte Entscheidungen langfristige Auswirkungen. Verbindliche und irreversible Zusagen können so die Verteilungsgerechtigkeit zwischen Generationen massiv beeinträchtigen. Damit schwindet auch die Glaubwürdigkeit in eine nachhaltige Rentenpolitik.

Vorteile einer unabhängigen Institution

Sofern dies der Fall ist, sollte überlegt werden, ob eine unabhängige Institution nicht eher in der Lage ist, eine zeitkonsistente Rentenpolitik zu gewährleisten. Es liegt in der Natur von allen gewählten Politikern, sich um ihre Wiederwahl zu sorgen. Der Anreiz, „Wahlgeschenke“ zu verteilen oder die Konjunktur in Wahljahren zu stimulieren war immer entsprechend hoch.

Regierungen haben wenig Einfluss auf Geldpolitik

Im gegenwärtigen Umfeld stehen Regierungen dafür aber immer weniger Instrumente zur Verfügung. Den Einfluss auf die Geldpolitik haben sie schon lange verloren. Die Fiskalpolitik sieht sich zumindest in Europa einem engen Korsett aus fiskalpolitischen Regeln und hohen Staatsschuldenquoten gegenüber. Der teils unterkapitalisierte Bankensektor lässt sich auch aufgrund europäischer Regulierungen ebenfalls immer schlechter einspannen und hat seine Schattenhaushaltsfähigkeit weitgehend eingebüßt.

Seite vier: Die Krux einer nachhaltigen Rentenpolitik

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