„Nur die Reichen können sich Sicherheit leisten“

Cash. sprach mit sechs Experten aus der Versicherungswirtschaft über die vermeintliche „Garantiegläubigkeit“ der Deutschen und die Krux staatlich geförderter Garantieprodukte.

Von links: Gert Wagner, Leiter Produktmanagement, Swiss Life Deutschland; Guntram Overbeck, Leiter Produktmanagement, Helvetia Leben; Hermann Schrögenauer, Vertriebsvorstand, Zurich Leben.

Die klassische Lebens- und Rentenversicherung wird von Branchenexperten als Auslaufmodell angesehen. Haben Fondspolicen mit Garantieelementen sowie Policen mit Indexbindung das Potenzial, sicherheitsorientierten Sparern eine Alternative zur Klassik zu bieten?

Dr. Claus Mischler, Leiter Produktentwicklung, Standard Life Deutschland: Ich glaube, man muss die Frage noch ein bisschen weiter fassen: Wie geht es mit den Garantien allgemein weiter beziehungsweise wie sinnvoll sind Kapitalgarantien für Kunden und Unternehmen im Rahmen der Altersvorsorge überhaupt noch? Auch die neuen Garantieprodukte beruhen zum Großteil auf dem konventionellen Deckungsstock, so auch Indexpolicen. Die Partizipationsrate oder der Cap kann immer auch von der Gesamtverzinsung im Deckungsstock abhängig sein. Das heißt, wenn die Gesamtverzinsung sinkt, leiden auch diese Produkte darunter. Und wenn wir weiter im Niedrigzinsumfeld bleiben, dann werden wir hier auch mit diesen Produkten langfristig nicht die Rendite erwirtschaften können, die die Kunden für eine erfolgreiche Altersvorsorge benötigen.

Cash.: Bei der Wahl der Ertragsbegrenzung im Rahmen von Indexpolicen setzen die meisten Anbieter auf Caps, andere auf Partizipationsquoten; bei der Wahl der Indizes wiederum viele auf den Euro Stoxx 50, andere auf den Dax oder gar Indizes ohne schillernde Namen. Inwieweit wirkt sich die Wahl von Parametern wie diese auf den Produkterfolg aus?

Jürgen Hansemann, Direktor Produktförderung, Nürnberger Versicherung: Der Erfolg des Produktes ist abhängig von der Performance des zugrunde gelegten Indexes und seiner Volatilität. Zum einen sollte darauf geachtet werden, in welche Werte der Index investiert, dann wie die Wertentwicklung in der Vergangenheit war und wie die Erwartungen für die Zukunft sind. Ein bekannter Index wie zum Beispiel der Dax – einer der erfolgreichsten Indizes überhaupt – ist zudem für die Kunden greifbarer und die Entwicklung leicht nachvollziehbar. Auch die Dividendenstrategie des Indexes spielt eine Rolle: Bei einem Performance-Index wie dem Dax werden die Dividenden reinvestiert. Ob ein Cap oder eine Quote mehr Erfolg bringt, ist abhängig von der Volatilität des Indexes. Ebenso ist ein höherer Cap kein Garant für eine bessere Rendite.

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Gert Wagner, Leiter Produktmanagement, Swiss Life Deutschland: Was die grundlegende Gestaltung eines solchen Produkts betrifft, so handelt es sich stets um eine klassische Versicherung, bei der Überschussanteile in Derivate investiert werden, die über die Dauer eines Jahres die Beteiligung an der Entwicklung eines Indexes abbilden. Wesentlicher Treiber des Produkterfolgs bei einer Indexpolice ist damit die Fähigkeit des klassischen Deckungsstocks, eine attraktive Zinsüberschussdeklaration zu erwirtschaften. Bei den anderen genannten Parametern handelt es sich um zweitrangige Detailfragen, die zwar durchaus einen Einfluss auf die Performance eines solchen Produkts haben können, aber nicht die wesentliche Vorbedingung für Performance sind. Wenn aufgrund der Zinsflaute am Kapitalmarkt keine attraktiven Überschüsse mehr im Deckungsstock erwirtschaftet werden können, dann kann auch eine clevere Gestaltung der Indexpartizipation ein solches Produkt nicht mehr retten.

Man hat den Eindruck, dass viele Deutsche die Performance gar nicht so wichtig finden, solange die eingezahlten Beiträge erhalten bleiben. Wie bewerten Sie das?

Guntram Overbeck, Leiter Produktmanagement, Helvetia Leben: Natürlich hört sich eine Garantie immer toll an im Verkauf und in der Argumentation. Meines Erachtens können die Kunden aber heutzutage gar nicht richtig einschätzen, welche negativen Auswirkungen sie sich einkaufen, wenn sie eine Bruttobeitragsgarantie oder ähnliche Garantien haben wollen. Unsere Aufgabe als Branche ist es, hier den Kunden zusammen mit dem Makler aufzuklären. Wenn uns das nicht gelingt, heißt es am Ende wieder in der Presse, dass wir nicht das geliefert haben, was wir dem Kunden versprochen haben.

Seite zwei: „Das Beste aus beiden Welten“

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