Zentralbanken greifen zu ungewöhnlichen Maßnahmen

Die Nachhaltigkeit einer von den Zentralbanken orchestrierten Kursrallye lässt sich nur schwer einschätzen. Ein Blick auf das kurze Ende der Zinskurve verrät jedoch, dass die Märkte bereits großzügige Maßnahmen einpreisen. Gleichzeitig verweigern sich Anleger in Anbetracht der politischen und wirtschaftlichen Unwägbarkeiten hartnäckig jedem Aktionismus (sofern es in den kommenden Wochen nicht zu deutlichen Cashflow-Bewegungen in Anlagefonds kommt).

Sollten sich weniger Anleger an der Rally beteiligen, dürfte auch ihre Wirkung nicht lange anhalten. Wir sehen in den steigenden Kursen daher keinen Anlass zu einem Strategiewechsel. Unsere Asset Allokation bleibt ausgewogen, wenn auch etwas vorsichtiger als noch vor einigen Monaten.

Anleger sollten die politischen Risiken nicht unterschätzen

Auch das politische Umfeld spricht für mehr Vorsicht. Das Risiko eines harten Brexit ist in den letzten Wochen gestiegen, auch wenn das britische Pfund kaum Boden verloren hat.

In Italien werden derweil Neuwahlen wahrscheinlicher, die eine Koalition der rechtsextremen Parteien Lega und Fratelli d’Italia an die Macht bringen könnten. Das ist insofern von Bedeutung, da Matteo Salvini und die anderen Abgeordneten der Lega Nord für die Einführung von Staatsanleihen in kleinen Stückelungen, sogenannte „Mini-Bots“, trommeln.

Das italienische Finanzministerium könnte dann Staatsanleihen ausgeben, mit denen Bürger und Unternehmen auch ihre Steuern bezahlen können. In vielerlei Hinsicht käme dieser Schritt der Einführung einer Parallelwährung gleich, eine Idee, die sogar im Programm der Allianz von Lega Nord und Forza Italia steht.

Würde Italien wirklich so weit gehen?

Interessanterweise reden die größten populistischen Parteien Europas nicht mehr viel über einen Austritt aus dem Euro, wahrscheinlich weil die Idee die Wähler verschreckt. Mit einer Parallelwährung könnten sie dieses Ziel jedoch durch die Hintertür erreichen, ohne das gleiche politische Risiko einzugehen. Würde Italien wirklich so weit gehen? Wir werden die weitere Entwicklung genau im Auge behalten.

Staatsanleihen werfen in diesem Umfeld kaum Zinsen ab, gleichzeitig sind die Risikoaufschläge gesunken. Die Rentenmärkte sind im Moment wenig attraktiv, wir sehen jedoch Potenzial bei Anleihen aus Schwellenländern und nachrangigen Finanzanleihen. Unsere Anleiheposition ist daher kleiner als gewöhnlich.

Wir warten ab, bis wir wieder attraktive Anlagemöglichkeiten sehen. Außerdem haben wir die Grenzen unseres Aktien-Exposures noch lange nicht erreicht. Wir befinden uns in der Spätphase des Konjunkturzyklus, die Märkte reagieren mit Kursausschlägen auf politische Risiken. Wir sind uns bewusst, dass die Zentralbanken proaktiv eingreifen und derzeit einen erheblichen Einfluss auf die Märkte haben.

Lage ist nicht wirklich beunruhigend

Aus der aktuellen Kursentwicklung lassen sich jedoch keine verlässlichen Prognosen über zukünftige Renditen ableiten, außerdem haben die Indizes in den letzten Wochen bereits erheblich zugelegt. In einem solchen Umfeld ist eine moderate Investitionsquote sinnvoll. Zur Abwechslung sind die Chancen und Risiken derzeit stark und wahrscheinlich übermäßig politischer Natur (Geldpolitik, Protektionismus, Populismus).

Auch die Fundamentaldaten geben aktuell keinen Anlass zur Freude, auch wenn die Lage noch immer nicht wirklich beunruhigend ist.

 

Foto: Edmond de Rothschild Asset Management

 

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