Beraterhaftung: Bumerang nach 18 Jahren

Anlageberater stecken in dem Dilemma, dass sie erst durch Gerichtsurteile zu lange zurückliegenden Sachverhalten erfahren, was schon immer ihre Pflicht gewesen wäre. Darauf wies schon der Berliner Finanzrichter Hans-Joachim Beck bei einem Cash.-Roundtable im vergangenen Jahr hin. Er empfiehlt Beratern, jedenfalls darauf hinzuweisen, „wenn ein Konzept von dem allgemeinen Standard bei geschlossenen Fonds abweicht“. Das gleiche dürfte für generelle Risiken oder übliche Konzeptionen gelten, die der Anleger nicht unbedingt erwarten muss, wie etwa das Aufleben der Haftung eben.

Auf letzteres können Anlageberater sich künftig einstellen. Doch was kommt als nächstes? Das weiß zwar niemand, dazu aber könnten vor allem Risiken zählen, die bei anderen Kapitalanlagen nicht zu erwarten und daher für Normalanleger besonders überraschend sind:

Risiko 1: Treuhänder und Initiator verflochten.

Dass der Initiator eine Tochtergesellschaft als Treuhandkommanditisten (kurz: Treuhänder) und damit als Vertreter der Anleger einsetzt, ist gang und gäbe. Dennoch werden vor allem unbedarfte Anleger nicht unbedingt damit rechnen. Ein Hinweis auf eine solche Verflechtung ist zwar gesetzlich vorgeschrieben, er steht jedoch nicht selten erst im hinteren Prospektteil bei den Beteiligungsverhältnissen oder den Pflichtangaben. Kritisch dürfte das vor allem dann sein, wenn die Verflechtung nicht schon aus der Firma des Treuhänders hervorgeht.

Risiko 2: Stimmrecht des Treuhänders

Manche Verträge sehen vor, dass der Treuhänder trotz Verflechtung mit dem Initiator bei Gesellschafterbeschlüssen das Stimmrecht des Anlegers nach eigenem Ermessen selbst ausübt, sofern er keine konkrete Weisung erhalten hat. Solche Klauseln sind zwar seltener geworden, es gibt sie aber noch immer. Sie können dazu führen, dass alle Stimmen der passiven Gesellschafter mittelbar an den Initiator fallen und er die aktiven Anleger damit unter Umständen sogar überstimmen kann.

Das gleiche kritische Ergebnis hat – unabhängig von einer Verflechtung – die Regelung, dass der Treuhänder gemäß dem Vorschlag der Geschäftsführung abstimmt, wenn er keine andere Weisung erhalten hat. Der Ratingagentur G.U.B. ist kein einziger Prospekt bekannt, in dem das Stimmverhalten des Treuhänders in diesen Fällen bereits beim Angebot im Überblick thematisiert wird. Oft fehlt auch – trotz BaFin- und WP-Prüfung – ein entsprechender Risikohinweis.

Risiko 3: Spezielle Übertragungsbeschränkungen

Nach einem BGH-Urteil aus dem Jahr 2007 müssen Berater den Kunden bei geschlossenen Fonds ungefragt über die eingeschränkte Fungibilität der Anteile informieren (Aktenzeichen III ZR 44/06). Darauf wird zwar seitdem in jedem Prospekt hingewiesen, und wegen dieses Urteils sieht zum Beispiel die „Ergänzende Vermittlungsdokumentation“, die von den Verbänden AfW, Votum und VGF entwickelt wurde, explizit einen entsprechenden allgemeinen Hinweis vor.

Seite 4: Welche Risiken noch lauern

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