Das sagte Kukies beim „Dialogforum“ des Finanzdienstleisters Wisdomize in Kooperation mit der Anwalts- und Steuerkanzlei CMS in Hamburg vor etwa 30 Teilnehmern, offenbar in erster Linie Vertreter von Kapitalverwaltungsgesellschaften, institutionellen Investoren und Vertrieben.
Demnach wird durch das „Sondervermögen“ zunächst vermieden, dass wegen nicht vorhandener Mittel Kürzungen vorgenommen werden müssen und schon geplante Investitionen in der Größenordnung von 150 Milliarden Euro nicht umgesetzt werden können. Sicherlich werde es zu gewissen Verschiebungen kommen, doch die Kritik, dass Projekte aus dem regulären Haushalt querfinanziert werden, sei grundsätzlich nicht korrekt, so Kukies, der vor seiner Funktion als Kurzzeit-Finanzminister Staatssekretär erst im Finanzministerium von Olaf Scholz (SPD) und dann in dessen Bundeskanzleramt war.
Die Aufgliederung der verbleibenden 350 Milliarden Euro sei noch offen. Einen Teil erhalten die Länder und leiten davon wiederum einen Teil an die Kommunen weiter. Nach welchen Kriterien und für welche Projekte dies im Einzelnen erfolgt, ist Ländersache. Die Frage, wie schnell es umgesetzt werden kann, habe auch mit erforderlichen Strukturreformen zu tun.
Auch ein Teil des „Sondervermögens“ für die Bundeswehr entfällt auf Infrastrukturmaßnahmen wie Brücken, Straßen oder auch den Bau von Kasernen. Auch in diesem Kontext sind Details noch nicht bekannt oder nicht öffentlich. Es zeige sich aber schon jetzt, dass es durchaus zu Konkurrenz-Situationen mit Projekten aus anderen Bereichen wie dem Wohnungsbau kommen kann – etwa in Bezug auf verfügbare Flächen, Baukapazitäten oder Fachkräfte.
Keine einheitliche rechtliche Definition von Infrastruktur
Trotz der gewaltigen Summe von 500 Milliarden Euro plus Verteidigungs-Anteil reiche diese für die erforderlichen Investitionen bei Weitem nicht aus, so Kukies. Es ist demnach weiterhin auch Kapital aus privatwirtschaftlichen Quellen erforderlich. Hieran arbeitet eine Vielzahl von Anbietern, insbesondere mit Fonds oder Einzelmandaten für institutionelle Kunden, um die es beim „Dialogforum“ in erster Linie ging.
Für diese können Infrastruktur-Investitionen unter Umständen auch Vorteile in Bezug auf die Risikoklassifizierung und Eigenkapitalunterlegung haben. Dabei existiert allerdings keine einheitliche rechtliche Definition des Begriffs „Infrastruktur“, berichtete Laura Bungert, Rechtsanwältin bei CMS. So enthalten zum Beispiel die EU-Vorschriften Solveny II (für Versicherungen), CRR (für Banken) oder auch die deutsche Anlageverordnung und das KAGB unterschiedliche oder gar keine Definitionen des Begriffs.
In einigen Bereichen wie Energie, Verkehr oder Gesundheitseinrichtungen ist demnach schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und -verständnis klar, dass sie zur Infrastruktur zählen. Andere Segmente gehören eindeutig nicht dazu. Für den Bereich dazwischen gibt es jedoch keine klare gesetzliche Abgrenzung.
Bei Immobilien Nutzung entscheidend
Das betrifft vor allem Immobilien. Hier sei die Nutzung beziehungsweise Mieterstruktur entscheidend, sagte Laura Bungert. So kann ein herkömmliches Bürogebäude durchaus als Infrastruktur eingestuft werden, wenn es von einer Behörde genutzt wird oder anderweitig der Unterstützung öffentlicher Aufgaben dient.
Die Veranstaltung stand unter der Überschrift „Wachstumsbooster Infrastruktur? Wie institutionelle Anleger vom Investitionsprogramm in Deutschland profitieren“. Dieser Punkt allerdings wurde kaum behandelt. Offenbar gibt es noch keine speziellen Ansätze oder gar neue Gesetze zur Verzahnung der öffentlichen Gelder mit privaten Investitionen (oder umgekehrt).
Zwei Bedeutungen von „Sondervermögen“
Ebenfalls nicht zur Sprache kam, dass der Begriff „Sondervermögen“ im Investmentrecht eigentlich schon vollkommen anders besetzt ist. Dort handelt es sich um Kapital von Investoren, das in einem gesonderten Topf (Rechnungskreis) ohne eigene Rechtspersönlichkeit verwaltet wird und so vom Vermögen der Verwaltungsgesellschaft separiert ist. Das Infrastruktur- und andere staatliche „Sondervermögen“ hingegen sind das Gegenteil ihrer Bezeichnung: Die Ermächtigung zur Aufnahme von zusätzlichen Mitteln, also Sonderschulden.
Privatanleger spielten eine untergeordnete Rolle bei der Veranstaltung. Immerhin sagte Kukies, er halte ELTIF für ein gutes Instrument, und Christian Moersch, Vorstand der Service-KVG Hansainvest Luxemburg, wies darauf hin, dass das institutionelle Kapital für die erforderlichen Investitionen nicht ausreichen werde und auch privates Kapital notwendig ist. Dabei sei auch die Sparplanfähigkeit und die Integration in Altersvorsorge-Sondervermögen wichtig.
Kukies betonte in diesem Zusammenhang, eine wichtige Frage sei die Reform der Altersvorsorge-Säulen zwei und drei (also private und betriebliche Vorsorge). Sie könne ein Erfolgsmodell werden, wenn von der 100-prozentigen Kapitalgarantie abgerückt werde, die heute bei Altersvorsorge-Sondervermögen noch notwendig ist. Das bedeutet allerdings auch: Wenn Emittenten solcher Anlagen die staatlichen Mittel nutzen wollen, werden sie vor einer besonderen Herausforderung stehen. Sie müssen die Unterlagen so aufbereiten, dass die Kunden beim Begriff „Sondervermögen“ nicht die Orientierung verlieren, ob gerade ihr gemeinsames Kapital oder die staatlichen Extra-Schulden gemeint sind.













