Forscher: Kommen beim Hochwasserschutz an technische Grenzen

Überflutungen in St. Goar am Rhein
Bildagentur PantherMedia / Randolf Berold
Zu nah am Fluss gebaut: Beim Hochwasserschutz wurden in der Vergangenheit Fehler gemacht.

Angesichts wachsender Hochwasserrisiken durch den Klimawandel dringen Berliner Forscher auf eine naturnähere Gestaltung von Flüssen.

Rückverlegungen von Deichen seien zum Beispiel eine Option, sagte Martin Pusch vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin. Es handle sich dabei um eine sogenannte naturbasierte Lösung. Man habe dabei gleichzeitig auch hohe Effekte für den Naturschutz, zum Beispiel den Erhalt der Biodiversität.

 „Natürlich hat der technische Hochwasserschutz seine volle Berechtigung, um Infrastruktur, um Siedlungen, um Menschen zu schützen“, sagte IGB-Forscherin Sonja Jähnig. „Aber wir sehen eben,
dass wir mit jetzigen häufigeren, stärkeren Hochwasserereignissen an technische Grenzen kommen.“

Pusch hob die Bedeutung von Auenflächen als Überschwemmungsgebiete hervor, die historisch aber zum Beispiel an der Unteren Weser großflächig verloren gegangen seien, etwa durch landwirtschaftliche Nutzung. „Insgesamt sind die Auenverluste an der Weser aber geringer als an anderen Flüssen Deutschlands.“ Der Wissenschaftler würdigte etwa, dass Holland dem Rhein mehr Raum
gegeben habe. In Deutschland hingegen seien laut einer Bilanz von 2023 zu zehn Jahren Hochwasserschutzprogramm noch relativ wenige Maßnahmen umgesetzt worden, vieles befinde sich noch in Planung und Konzeption.

Der Klimawandel bedeute, dass es ausgeprägtere Trockenzeiten,aber auch stärkere Hochwässer geben könne, sagte Pusch. Auch die Hochwasserstände erhöhten sich, weil Wetterlagen weniger mobil seien:
Regengebiete etwa blieben länger an einer Stelle. „Das bedeutet, dass Deiche weniger sicher werden, eventuell erhöht werden müssen.“ Dann trete aber der Effekt auf, dass große Wassermassen auf der geringen Fläche des Flussbettes nicht genug Platz hätten.

Um neben einem besseren Hochwasserschutz weitere Ziele erreichen zu können, nannte Expertin Jähnig Optionen wie Maßnahmen zur Niederschlagsspeicherung, Dach- und Wandbegründung, Aufforstung und Gehölzpflanzungen sowie die Renaturierung von Bächen und Flüssen. Es gebe Beispiele, in denen der Nutzen dokumentiert sei, etwa eine verringerte Hochwasserspitze, eine verzögerte Hochwasserwelle sowie bessere Lebensräume und mehr Biodiversität. Der Vorschlag sei,
multifunktionale Ökosysteme anzustreben – also wegzukommen von der Vorstellung, dass ein Fluss rein Wasser irgendwohin (dpa-AFX)

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