Volker Bohn: „Die Versicherungswirtschaft soll als Transmissionsriemen hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft dienen“

Wie definiert Die Stuttgarter Nachhaltigkeit für sich und auf welche Weise leben Sie das Thema im Unternehmen?

Bohn: Als werteorientiertes Versicherungsunternehmen und Pionier nachhaltiger Versicherungsprodukte möchten wir authentisch und damit glaubwürdig sein. Für uns ist Nachhaltigkeit deshalb ein strategisches Schwerpunktthema der nächsten Jahrzehnte. Wir sehen Nachhaltigkeit als Teil der eigenen Mission. Mit der angestrebten Klimaneutralität für unseren eigenen Geschäftsbetrieb und die Kapitalanlagen haben wir uns ambitionierte Ziele gesetzt. Wir ermitteln deshalb kontinuierlich den CO₂-Fußabdruck. Um eine möglichst große Wirkung zu erzielen, diskutieren wir zuerst über das Vermeiden, dann über das Verringern und zuletzt über das Kompensieren des CO₂-Ausstoßes. In der Kapitalanlage werden wir die taxonomiekonformen Anteile kontinuierlich steigern und die Kontroversen bis spätestens 2027 auf unter ein Prozent reduzieren. Besonders wichtig ist es uns, Motivation und Bewusstsein bei allen Beteiligten zu fördern: Wir wollen die Mitarbeitenden sensibilisieren, bei Bedarf qualifizieren und so erfolgreich auf die Reise mitnehmen. Als Arbeitgeber setzen wir uns daher unter anderem für Diversität und Gleichberechtigung unserer Belegschaft ein. Unser Nachhaltigkeitsboard bündelt zudem alle relevanten Fragestellungen, um sie strategisch und operativ weiterzuentwickeln. Damit sichern wir ein hohes Nachhaltigkeitsniveau.

„Fast ein Drittel aller neuen Verträge werden mittlerweile als GrüneRente angelegt, in der bAV sogar mehr als die Hälfte.“ / Foto: Andreas Bernhardt

Welche nachhaltigen Produkte haben Sie lanciert und wie unterscheidet sich die Stuttgarter von anderen Anbietern?

Bohn: Die Stuttgarter bietet mit der GrüneRente schon seit 2013 eine Produktfamilie an, die konsequent Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt. Die verfügbaren Anlagekonzepte reichen von klassisch, indexgebunden oder hybrid bis hin zu rein fondsgebunden. Bei den beiden letztgenannten kann zudem zwischen freien Fonds und gemanagten Portfolios gewählt werden. Sie ist selbstverständlich in allen drei Schichten erhältlich. Damit ist für jeden Bedarf und Geschmack etwas Passendes dabei. Das Besondere an der GrüneRente: Für das Sicherungsvermögen wenden wir den sogenannten Zuordnungsansatz an. Die zugeordneten Kapitalanlagen unterziehen wir dabei einer sehr strengen externen Prüfung durch das Institut für nachhaltiges, ethisches Finanzwesen e.V. (INAF). Die festgelegten Auswahlkriterien für die Kapitalanlagen gelten in der Anspar- und Verrentungsphase, sozusagen ein Leben lang. Wir sind schon etwas stolz, dass das kürzlich von der BaFin veröffentlichte Merkblatt zum Zuordnungsansatz den Grundsatz unserer GrüneRente aufgreift. Die Resonanz bei unseren Geschäftspartnern und deren Kunden ist hervorragend. Fast ein Drittel aller neuen Verträge werden mittlerweile als GrüneRente abgeschlossen, in der betrieblichen Altersversorgung sogar mehr als die Hälfte. Unser jährlich veröffentlichter Anlagebericht sorgt zudem für Transparenz und stärkt die Kundenbindung. Seit Sommer des letzten Jahres legen wir unter dem Signet ,,nachhaltig vorsorgen“ auch das Deckungskapital unserer Unfallversicherung und der Biometrie-Produkte nach diesem Verfahren an. In der Unfallversicherung fördern wir zudem umweltbewusstes Verhalten und soziales Engagement mit einer höheren Leistung im Schadenfall.

Welche Segmente haben Sie als besonders nachhaltig und deshalb als investitionswürdig identifiziert?

Bohn: Wir möchten unseren Kunden im Rahmen der kapitalmarktorientierten Produkte ein breites Spektrum an Anlagemöglichkeiten an die Hand geben. Aktuell können die Kunden aus 85 nachhaltigen Fonds wählen. Die Bandbreite reicht von kostengünstigen ETF, gemanagten ESG-Portfolios bis hin zu aktiv gemanagten Fonds mit verschiedenen Schwerpunkten, zum Beispiel erneuerbare Energien oder sozial engagierte Unternehmen. Im Sicherungsvermögen investieren wir breit diversifiziert. Der größte Anteil entfällt auf nachhaltige Anleihen. Diese finanzieren als Green Bonds Umweltprojekte, die für sauberes Wasser oder ein umweltfreundliches Transportwesen sorgen. Neben dem Ausbau von Wind- und Solarenergie investieren wir auch in Mikrofinanz und leisten damit einen Beitrag dazu, dass sich Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern eine eigene wirtschaftliche Lebensgrundlage schaffen können. Zudem finanzieren wir sozial genutzte Immobilien. Eines dieser Projekte ist eine Seniorenwohnanlage im bayerischen Pottenstein. Hier wird altersgerechtes Leben ermöglicht, ohne dass die Bewohner auf Selbstständigkeit, Freunde und Nachbarn verzichten müssen. Mit diesen Investitionen wird ein wichtiger Beitrag zur Transformation geleistet. Dies gilt es kontinuierlich und zielgerichtet in das Bewusstsein der Kunden zu bringen.

Die Fragen stellte Frank O. Milewski, Cash.

1 2Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments