Vergütungssysteme in Europa: Sonderweg Deutschland

Die meisten dieser Entwicklungen lehnen sich an den Vorschlag der europäischen Kommission zur Neufassung der Richtlinie Mifid II des europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente vom 20. Oktober 2011 an, die unter dem Begriff „unabhängige Beratung“ ein Konzept für die honorarvergütete Anlageberatung verfolgt.

Deutschland als Insel

Ob die bestehenden Regelungen zur Vermittlervergütung in anderen Ländern auch auf Deutschland übertragbar sind, ist strittig. BVK-Präsident Heinz verweist in diesem Zusammenhang auf die unterschiedliche Entwicklung der Versicherungsmärkte in den einzelnen Ländern.

„In Deutschland existiert die Versicherungsvermittlung auf Provisionsbasis schon seit über 120 Jahren und sie hat sich millionenfach bewährt, wie man am hohen und zuverlässigen Absicherungsniveau in Deutschland ablesen kann“, argumentiert Heinz. Eine Übertragung des Provisionsverbots auf den deutschen Markt lehnt der Verband ab.

VDVM-Vorstand Jenssen beurteilt die Situation ähnlich. „Im Gegensatz zu einigen EU-Staaten haben wir in der Vergangenheit keine systematischen Fehlberatungsskandale gehabt“, meint Jenssen. Da auch der „graue Kapitalmarkt“ nun reguliert worden sei, habe die Versicherungs- und Finanzwirtschaft noch ein ausreichend großes Vertrauenskapital zur Verfügung, um einen radikalen Wechsel im Vergütungssystem zu verhindern.

„Die Versicherungswirtschaft ist sehr bemüht, die Qualität im Bereich der Beratung und Vermittlung signifikant zu steigern. Insoweit sehen wir diese Entwicklung relativ gelassen“, so Jenssen. weiter.

Gegen Gleichmacherei

AfW-Vorstand Wirth warnt davor, „Äpfel mit Birnen zu vergleichen“, da in den anderen Ländern völlig andere Beratungsbedingungen herrschten. „Gleichmacherei sollte auch ihre Grenzen haben – in diesem Falle Ländergrenzen“, erklärt Wirth.

Zudem seien Dänemark und Finnland Beispiele dafür, welche erheblich negativen Auswirkungen die Abschaffung des Provisionssystems für die Altersvorsorge und Grundabsicherung der Lebensrisiken in breiten Bevölkerungsschichten haben könne.

Naturgemäß anders beurteilt der Vorstandsvorsitzende der Quirin Bank, Karl Matthäus Schmidt, die Signalwirkung der Regelungen in den anderen Ländern. „Deutschland ist keine Insel, die sich der Entwicklung in Europa entziehen kann“, meint Schmidt.

Er gehe daher davon aus, dass die Entwicklung in Deutschland durch die europäischen Regulierungsbemühungen und die anderen EU-Länder getrieben werde. Mittelfristig werde sich auch der deutsche Gesetzgeber einer Entwicklung hin zu mehr Transparenz und Verbraucherfreundlichkeit öffnen.

„Der Anteil der Honorarberatung wird daher hierzulande in den nächsten Jahren steigen und, ähnlich wie in den USA, auf 15 bis 20 Prozent anwachsen“, prognostiziert Schmidt. (jb)

Lesen Sie den vollständigen Artikel in der aktuellen Cash.-Ausgabe 02/2014.

Foto: Quirinbank

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