Die Inflation ist nicht auf Dauer besiegt

Auch die Globalisierung hat die Inflation im Zaum gehalten. Der Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation im Jahr 2001 war hierbei besonders wichtig. Dadurch ergoss sich ein Strom billiger Arbeitskräfte auf den Weltmarkt. Das dürfte sich in dieser Größenordnung kaum wiederholen.

Hinzu kommt, dass die globalisierungsfreundliche Politik vermehrt durch populistische Maßnahmen zurückgeschraubt wird. Handels- und Einwanderungsbeschränkungen machen wieder Schlagzeilen.

Ende der Großzügigkeit der Zentralbanken

In Zukunft könnten wir sogar die Erosion von Institutionen erleben, welche die Inflation niedrig gehalten haben, wie etwa unabhängige Zentralbanken und Haushaltsregeln. Stattdessen könnte es eine Politik der Umverteilung und hoher Lohnabschlüsse geben. All dies könnte sich zu einem hohen Inflationspotenzial addieren.

In den Jahren unmittelbar nach der globalen Finanzkrise haben staatliche Haushaltskonsolidierungen und der Abbau von Unternehmensschulden die Nachfrage erheblich geschwächt – und damit die Inflation herunterdrückt. Die Großzügigkeit der Zentralbanken ist jedoch definitiv vorüber. Dennoch ist die Welt hochverschuldet – und die Regierungen lockt weiterhin der Sirenengesang der Monetarisierung.

Demographische Trends, Populismus und Verschuldung dürften allesamt auf absehbare Zeit Inflationsdruck auslösen. Doch ob dies genügen wird, um den deflatorischen Effekt des technologischen Wandels aufzuwiegen, ist schwierig zu beantworten.

Inflation ist nicht vorhersehbar

Zugleich lehrt uns die Geschichte, dass wichtige Wendepunkte der Inflation meist mit Richtungswechseln in der Geldpolitik zusammenhängen. Das offensichtlichste Beispiel ist die Einführung von ungedecktem Papiergeld in den Zwischenkriegsjahren. Zuvor war Inflation ein fast unbekanntes Phänomen.

In den vergangenen Jahren ist es immer klarer geworden, dass wir die Inflation nicht so gut verstehen wie wir dachten. Dies sollte uns eine Warnung sein, wenn es darum geht Timing und Umfang vorherzusagen.

Dennoch ist klar, dass sich das strukturelle Umfeld in Richtung mehr Inflation bewegt. Und weil der zyklische Inflationsdruck ebenfalls wächst, wäre es gefährlich für Anleger anzunehmen, die Inflation sei auf Dauer besiegt.

Darren Williams ist Director of Global Economic Research, beim Asset Manager AllianceBernstein (AB)

Foto: AB

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