„Wir rechnen mittelfristig mit Fusionen zwischen Versicherern“

Die Leiter des Versicherungsgeschäfts von Blackrock für die EMEA-Region, Patrick Liedtke, sowie für Deutschland, Marcus Severin, sprechen im zweiten Teil des Cash.-Interviews (Teil I) über die Konsequenzen der laxen Geldpolitik für Versicherer und mittelfristige Marktentwicklungen.

Marcus Severin (links) und Patrick Liedtke.

Cash.: Eine aktuelle Umfrage von Blackrock ergab, dass die lockere Geldpolitik der Notenbanken dazu führt, dass Versicherer weltweit höhere Risiken eingehen, um ihre Gewinnmargen zu sichern. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Liedtke: Bedingt durch das Niedrigzinsumfeld müssen Versicherer ihre Kapitalanlage überdenken und planen, auch auf Sicht der nächsten ein bis zwei Jahre, mehr Risikokapital für die Kapitalanlage zur Verfügung zu stellen. Dabei sind höher rentierliche Anlagen aber nur mit dem erhöhten Einsatz von Risikobudgets zu tätigen. Versicherer sehen einerseits positive kurzfristige Effekte durch eine anhaltend lockere Notenbank-Geldpolitik, wie etwa Wirtschaftswachstum oder Preisanstiege von Vermögenswerten. Andererseits schätzen sie die divergierende Geldpolitik der Notenbanken weltweit sowie das „quantitative easing“, sprich die Ausweitung der Geldmenge, in Europa als langfristig problematisch an. Denn das Niedrigzinsumfeld dürfte mittel- bis langfristig sehr problematisch für Versicherer werden, und quantitative easing kreiert Marktungleichgewichte. Allerdings findet der Schritt zu mehr Risiko in sehr überlegten Formen statt. Es geht nicht, wie klassischerweise, um den Tausch der Anlage von Renten in deutlich riskantere Aktien, sondern um die effizientere Nutzung des Risikobudgets: Kombinationen von risikoreicheren, aber weniger korrelierten Anlageklassen, Heben von Illiquiditätsprämien, Beimischung alternativer Kreditanlagen und ähnliches mehr. Versicherer sind bereit, mehr Risiko zu nehmen, aber in der für sie richtigen Form.

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Sind in Ihrer Umfrage Ergebnisse aufgetreten, die Sie persönlich überrascht haben, Herr Liedtke?

Liedtke: Die größte Überraschung war in der Tat die breite Bereitschaft der Versicherer, aufgrund der aktuellen Notenbankpolitik mit quantitative easing das Risikokapital zu erhöhen. Dies ist ein notwendiger Schritt aufgrund des Ertragsdrucks, dem deutsche Versicherer in diesem Umfeld ausgesetzt sind. Allerdings hat man zu lange damit gewartet. Die weiteren zentralen Ergebnisse der Studie in Bezug auf die Kapitalanlage der Versicherer sind eine Bestätigung der bereits in den vergangenen zwei Jahren aufgezeigten Tendenzen, in höher verzinsliche Anlageklassen wie Unternehmens- und Schwellenländeranleihen zu investieren sowie die Quoten von Immobilien, alternativen Anlagen, wie Infrastruktur-Investments (Eigen- und Fremdkapital), Absolute-Return- und Private-Equity– Strategien deutlich auszubauen.

Seite zwei: „Fusionen zwischen Versicherern“

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