Krankenkasse lässt Kundin zu Solidargemeinschaft wechseln

Die Krankenkasse Barmer lässt eine Versicherte aus Bayern nach jahrelangem Rechtsstreit zur Solidargemeinschaft Samarita wechseln. Damit habe man sich in einem wichtigen Musterverfahren durchgesetzt, sagte Max Höfer, Sprecher der Bremer Solidargemeinschaft.

Die Krankenkassen dürfen Versicherte laut Gesetz nur entlassen, wenn eine „anderweitige Absicherung“ vorliegt.

Die Mitglieder solcher Gruppen bezahlen sich gegenseitig Behandlungen im Krankheitsfall. Solidargemeinschaften werten die Entscheidung als Signal an alle gesetzlichen Kassen, wechselwillige Mitglieder ziehen zu lassen.

Die oft als Verein organisierten Gemeinschaften argumentieren, effizienter, günstiger und persönlicher als Krankenkassen zu sein. Großrisiken seien versicherungstechnisch abgesichert. Kritiker argumentieren, dass beispielsweise die Versorgung von chronisch Kranken kleine Gemeinschaften überfordern könne.

Wechsel ist Ausnahme

Die Krankenkassen dürfen Versicherte laut Gesetz nur entlassen, wenn eine „anderweitige Absicherung“ vorliegt. Solidargemeinschaften erfüllten diese Voraussetzung nach Ansicht von Kassen oft nicht.

„In der Vergangenheit war der dauerhafte Rechtsanspruch der Versicherten auf Leistungen in der Satzung der Solidargemeinschaft nicht verankert“, sagt Barmer-Sprecher Daniel Freudenreich.

Dies sei geändert worden, „wodurch wir den leistungsrechtlichen Anspruch nun als erfüllt ansehen“, erklärt er. Deshalb habe man „ausnahmsweise“ und als Einzelfall dem Wechsel der Versicherten aus dem Landkreis Landsberg zugestimmt.

Solidargemeinschaften sehen Durchbruch

Nun wolle man abwarten, wie sich Verbände und Institutionen positionierten. „Dies wird maßgeblich für mögliche künftige Entscheidungen der Barmer sein.“

Die Solidargemeinschaften hatten den Fall der Frau seit 2009 als Musterverfahren begleitet und wollten ein höchstrichterliches Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel erreichen. Doch das BSG lehnte 2017 eine Entscheidung wegen eines Formfehlers ab.

In der Entscheidung der Barmer sehen sie einen Durchbruch: „Die Barmer erkennt mit diesem Schritt de facto die Samarita als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall an“, erklärt Urban Vogel, Vorsitzender des Dachverbands der Solidargemeinschaften BASSG. Den von der Barmer geforderten Rechtsanspruch gebe es schon seit 2013.

Nicht auf alle Versicherten anwendbar

Der Krankenkassen-Spitzenverband GKV lobte die Einigung: „Wir finden es grundsätzlich gut, wenn in diesem Einzelfall eine Lösung erreicht wurde, die beiden Seiten gerecht wird“, sagte Sprecherin Ann Marini.

Es sei jedoch kein Weg, den man pauschal auf alle wechselwilligen Versicherten anwenden könne. Die allgemeine Anerkennung der Solidargemeinschaften sei eine Aufgabe für den Gesetzgeber.

Die Möglichkeit zum Wechsel in eine Solidargemeinschaft steht nur Selbstständigen und freiwillig Versicherten offen. Um eine wirksame Größe zu erreichen, haben sich die Gemeinschaften in dem Dachverband organisiert. Der vertritt rund 7.000 Mitglieder. (dpa-AFX)

 

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