Gesundheits- und Pflegepolitik: Das bringt 2022

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Das Coronavirus bestimmt auch zu Beginn des dritten Pandemiejahrs die deutsche Gesundheits- und Pflegepolitik. 2022 hält aber auch Neuerungen bereit, zum Beispiel bei den Leistungen der Pflegeversicherung oder in der Telemedizin.

Höhere Leistungen in der ambulanten Pflege und Entlastung für Heimbewohner  

Den Plänen für eine umfassende Pflegereform machte die Corona-Krise einen Strich durch die Rechnung. Erst kurz vor Ende der Legislaturperiode im Juni 2021 konnte die ehemalige Bundesregierung noch neue Leistungen in der Pflegepflichtversicherung durchsetzen. Die „kleine Pflegereform“ hat am 1. Januar 2022 unter anderem eine Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile für Heimbewohnerinnen und -bewohner eingeführt. Abhängig von ihrer Pflegedauer in der stationären Einrichtung erhalten sie zukünftig einen Leistungszuschuss von bis zu 70 Prozent. In der ambulanten Pflege wurden die Sachleistungsbeträge der Pflegegrade um jeweils 5 Prozent erhöht. Außerdem wurde die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln erleichtert und der Leistungsbetrag zur Kurzzeitpflege um 10 Prozent angehoben.

Erstmals Bundeszuschuss für Soziale Pflegeversicherung

Die Finanzierungsfrage war in der Debatte über die Pflegereform besonders umstritten: Die Soziale Pflegeversicherung (SPV) erhält ab 2022 einen jährlichen Bundeszuschuss von 1 Milliarden Euro. Zusätzlich wird der Beitragszuschlag für Kinderlose um 0,1 Prozentpunkte angehoben. Die „Initiative für eine nachhaltige und generationengerechte Pflegereform“ kritisiert diese Finanzierungsstrategie  mit Blick auf die demografische Entwicklung als nicht nachhaltig. Berechnungen des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) zeigen, dass der Steuerzuschuss in der SPV alleine durch die Alterung der Bevölkerung auf 10,4 Mrd. Euro im Jahr 2030 steigen müsste, um den SPV-Beitragssatz konstant auf dem heutigen Niveau zu halten.

Koalitionsvertrag: Expertenkommission soll Pflege-Vollversicherung prüfen

Wie können Pflegebedürftige vor Überforderung durch steigende Pflegekosten geschützt werden, ohne die nachfolgenden Generationen als Beitrags- und Steuerzahler finanziell zu überlasten? Dieser Frage stellt sich auch die neue Ampel-Koalition: Laut Koalitionsvertrag wird daher in diesem Jahr eine Expertenkommission eingesetzt. Bis 2023 soll sie konkrete Vorschläge für eine freiwillige, paritätisch und generationengerecht finanzierte Pflege-Vollversicherung für die Soziale Pflegeversicherung vorlegen. Der Privaten Pflegeversicherung sollen „vergleichbare Möglichkeiten“ gegeben werden, heißt es in dem Regierungsprogramm.

Corona-Zuschlag in der Privaten Pflegepflichtversicherung

Neben den neuen Kosten der Pflegereform muss die Pflegepflichtversicherung 2022 auch die zusätzlichen Kosten der Corona-Krise stemmen. Über den Corona-Rettungsschirm haben die Pflegeeinrichtungen in Deutschland Milliardenhilfen erhalten, um die pflegerische Versorgung sicherzustellen. Die Mehrausgaben der Privaten Pflegepflichtversicherung für den Pflege-Rettungsschirm belaufen sich bislang auf 480 Millionen Euro. Während die Soziale Pflegeversicherung ihre Aufwendungen aus Steuermitteln ersetzt bekommt, zahlen die Privatversicherten vom 1. Januar bis 31. Dezember 2022 einen befristeten Zuschlag auf den monatlichen Beitrag in der Pflegepflichtversicherung. In seiner Stellungnahme hat der PKV-Verband auf die verfassungsrechtlich fragwürdige Ungleichbehandlung der Sozialen und der Privaten Pflegeversicherung hingewiesen. Für Versicherte ohne Beihilfeanspruch beträgt der Corona-Zuschlag 3,40 Euro pro Monat. Versicherte im Beihilfetarif zahlen einen monatlichen Zuschlag von 7,30 Euro.Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Corona-Zuschlag in der Pflegeversicherung 2022 finden Sie hier.

Ergänzender Bundeszuschuss GKV in der Gesetzlichen Krankenversicherung

Mit einem zusätzlichen Steuerzuschuss von 14 Milliarden Euro hat die Bundesregierung auch eine Erhöhung des durchschnittlichen Beitragssatzes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verhindert – der Bundeszuschuss steigt 2022 auf einen Rekordwert von 28,5 Milliarden Euro. Kassenvertreter gehen davon aus, dass ohne den erhöhten Steuerzuschuss die Beiträge schon in diesem Jahr um einen Prozentpunkt gestiegen wären. „Wenn die Politik nicht aktiv gegensteuert, wird es 2023 einen Beitragstsunami geben“, warnte der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, in der „Welt am Sonntag“. Was mit dem demografischen Wandel auf die umlagefinanzierten gesetzlichen Kassen zukommt, haben die Prof. Thiess Büttner (FAU Erlangen-Nürnberg) und Prof. Martin Werding (Ruhr-Universität Bochum) in einer aktuellen Studie berechnet. Klar ist allerdings, dass immer weiter steigende Bundeszuschüsse keine nachhaltige Lösung sind.

Keine Veränderungen bei Beitragsbemessungs- und Versicherungspflichtgrenze

Die Corona-Pandemie hat sich in Deutschland massiv auf die wirtschaftliche Entwicklung niedergeschlagen. Zum ersten Mal seit zehn Jahren gibt es keine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze (2022: 58.050 Euro) und der Versicherungspflichtgrenze (2022: 64.350 Euro). Beide Werte orientieren sich an der Entwicklung der Löhne und Gehälter und verbleiben auf Vorjahresniveau. Für Angestellte in der PKV gibt es außerdem keine Veränderungen beim maximalen Arbeitgeberzuschuss zur Kranken- und zur Pflegeversicherung. Weitere Informationen zum Arbeitgeberzuschuss 2022

Corona-Hygienezuschlag

Die Private Krankenversicherung unterstützt auch im neuen Jahr die niedergelassenen Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Heilmittelerbringer. Für die Praxen bedeutet die Covid-19-Pandemie weiterhin erhöhte Anforderungen an Hygiene und Patientensicherheit. In Abstimmung mit der Bundesärztekammer, der Bun­deszahnärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer wurde die sogenannten Corona-Hygienepauschale bis zum 31. März 2022 verlängert. Die Praxen können im ersten Quartal 2022 bei jedem persönlichen Arzt-Patien­ten-Kontakt zusätzliche 4,02 Euro abrechnen. Heilmittelerbringer wie etwa Physiotherapeuten und Logopäden wird die vereinbarte pandemiebedingte Extravergütung von 1,50 Euro je Behandlung erstattet. Seit Ausbruch der Corona-Krise hat die PKV die Praxen mit mehr als 1,2 Milliarden Euro zusätzlich unterstützt, um die Versorgung der Patienten in Zeiten der Pandemie zu sichern. Der PKV-Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie  

Abrechnungsempfehlungen Telemedizin

In der Corona-Pandemie haben Sonderregelungen für Telemedizin in der Psychotherapie dazu beigetragen, die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Seit dem 1. Januar 2022 besteht eine dauerhafte Grundlage für die psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten von Privatversicherten mittels Videoübertragung. Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) hat dafür mit der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und im Einvernehmen mit den Beihilfekostenträgern von Bund und Ländern gemeinsame Abrechnungsempfehlungen zur Telemedizin vereinbart. Bereits am 10. Dezember 2021 hatte die Bundesärztekammer für ärztliche Psychotherapeuten Abrechnungsempfehlungen für telemedizinische Leistungen im Rahmen der Behandlung von psychischen Erkrankungen beschlossen. 

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