Beratungsfehler: Folgen der individuellen Verjährungsfrist

Für Anleger und ihre Anwälte entstehen neue Risiken. Bildet zukünftig nicht mehr die Vermittlungs- oder Beratungssituation insgesamt, sondern jeder einzelne Aufklärungsaspekt einen eigenen Streitgegenstand, führt der weitherzige Umgang mit „üblicherweise“ aus Verjährungsgründen (auch) behaupteten Aufklärungsmängeln für den Anleger beziehungsweise etwa auch dessen Rechtsschutzversicherung zu einer Vervielfachung des Kostenrisikos, für den betreffenden Anwalt selbst zu Haftungsrisiken, wenn er nicht selbst auf das Risiko solcher „Rundumschläge“ hinweist.

Ob letztlich der BGH hier praxisgerechte Korrekturen oder Einschränkungen seiner eigenen Dogmatik vornehmen wird, ist noch nicht absehbar. Manches deutet darauf hin, dass man vielleicht doch nicht beabsichtigt hat, mit der anlegerfreundlichen Rechtsprechung zur Verjährungsfrage so weitrechende Folgen für die gesamte Systematik der Haftungsprozesse auszulösen. Allerdings ist es selbst für das oberste deutsche Zivilgericht schwierig, eine einmal losgetretene Lawine wieder einzufangen, wie nicht zuletzt die zunächst ausgeweitete, dann aber für den freien Vertrieb wieder eingeschränkte Haftung wegen der (mangelnden) Offenlegung von Provisionen zeigt. Zurzeit gilt auch bei scheinbar abgeschlossenen Fällen aus der Zeit ab 2002 der Rat, auf gegebenenfalls jetzt erst bekannt werdende Haftungsaspekte zu achten.

Der Autor Professor Dr. jur. Thomas Zacher ist Partner der Kanzlei Zacher & Partner Rechtsanwälte und Professor an der FHDW in Bergisch Gladbach

Foto: Katrin Stein

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