Die Bröning-Kolumne: Qualität zum kleinen Preis

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Tim Bröning

Rekordinflation, Rezession, steigende Zinsen – Aktienanleger stehen vor herausfordernden Zeiten. Doch auch in diesen lässt sich an den Börsen Geld verdienen, wenn man weiß, wie es geht. Die Bröning-Kolumne

Die exorbitant hohen Teuerungsraten in Europa und den USA halten die Märkte weiter im Bann. Dass die jüngst bekannt gegebene US-Kerninflationsrate im August auf 6,3 % kletterte und die Gesamtinflation weniger als erwartet zurückging, überraschte weltweit die Anleger und führte diesen September beim US-Leitindex S&P 500 zum stärksten Tagesverlust seit mehr als zwei Jahren. Durch die hartnäckige Inflation wächst der Druck auf die Notenbanken, noch mehr gegen die Teuerung zu unternehmen. Anfang September ging die sonst zurückhaltende EZB mit einer Steigerung um 0,75 Prozentpunkte den größten Zinsschritt ihrer Geschichte. Die US-Notenbank Fed hob die Zinsen seit Ende 2021 sogar schon vier Mal an.

Trotz dieser drastischen Maßnahmen ist den Notenbanken die Kontrolle über die Inflation bis jetzt alles andere als sicher. Mit ihren Maßnahmen rennen sie derzeit der davongelaufenen Inflation hinterher, denn im Verhältnis zu den Teuerungsraten sind die Zinsniveaus weiterhin viel zu niedrig, um eine preisbremsende Wirkung zu entfalten. Eine Pause der Zinsschritte ist somit noch lange nicht in Sicht. Wenig ermutigend ist auch die historische Erfolgsbilanz der wichtigsten Notenbank der Welt. In der Nachkriegszeit gelang der US-Fed bei Zinssteigerungen erst vier Mal eine sogenannte „weiche Landung“ ohne Rezession. Acht Mal führte die Fed mit steigenden Leitzinsen hingegen eine „harte Landung“ herbei – und stürzte die USA in einen wirtschaftlichen Abschwung. Dass die Zentralbanken die Kontrolle über die Inflation verlieren, wäre hingegen ein Horrorszenario, dass die Notenbanker um jeden Preis vermeiden wollen.

Rezession voraus

Aktienanleger sollten sich daher auf unruhige Zeiten einstellen. Bleibt die Inflation hoch, können Privathaushalte weniger konsumieren und die Ausgaben der Verbraucher brechen ein. Folglich sinken die Gewinne der Unternehmen, ihre Investitionen werden als Konsequenz zurückgefahren und eine Rezession wäre schließlich unvermeidbar. Doch selbst in diesem Szenario müssten die Notenbanken die Zinsen weiter erhöhen, sollte die Inflation nicht durch die wirtschaftliche Abkühlung eingebremst werden. In Hinblick auf die hohen Energiepreise und die weiter anhaltenden Preissteigerungen wäre dies durchaus zu befürchten. Gleichwohl sind Aktienanlagen neben anderen Sachwerten wie Edelmetallen, Rohstoffen und Immobilien erwiesenermaßen die langfristig aussichtsreichste Möglichkeit, Geld vor Inflation zu schützen.

Gibt es Aktien für Krisenzeiten?

In der Vergangenheit entwickelten sich vor allem Titel aus den Branchen Energie, Luxusgüter, Grundstoffe und Finanzen bei hohen Inflationsraten positiv. In Rezessionen schlugen sich wieder andere Bereiche wie z. B. der Einzelhandel oder die Pharmaindustrie gut, wie eine Untersuchung des Investmenthauses HQ Trust zeigt. Anleger könnten auf Branchen setzen, die sowohl bei hoher Inflation als auch in einem wirtschaftlichen Abschwung Stärke zeigen und dadurch weiterhin erfolgreich in Produktivkapital investieren. In der Praxis erweist sich dieses Vorgehen aber als herausfordernd, denn nur wenige Branchen können sowohl bei einer hohen Inflation als auch in einer Rezession Kurssteigerungen erreichen.

Anleger, die auf der Suche nach wirklich krisenresistenten Aktien sind, müssen entweder ins Detail gehen und die Qualität verschiedener Geschäftsmodelle analysieren oder auf Fondsmanager vertrauen, die diese Feinarbeit übernehmen. Denn hochwertige Firmen, die ihren Unternehmenswert an der Börse durch steigende Umsätze, positive Gewinnaussichten, gutes Management und eine solide Bilanz untermauern, gibt es in den unterschiedlichsten Branchen. Jedoch müssen sie einzeln identifiziert werden.

Die besten dieser qualitativ hochwertigen Firmen können trotz gestiegener Rohstoffpreise und schwacher Konjunktur ihre Gewinne ausweiten und erzielen daher tendenziell Mehrrenditen in schwierigen Marktphasen. Daneben können auch die sogenannten Dividendenaristokraten in schwierigen Wirtschaftsphasen für Anleger interessant sein. Dabei handelt es sich um Firmen, die ihre Dividende über viele Jahre hinweg konsequent beibehalten oder erhöht haben. Verlässlich hohe Dividenden können Anleger nicht nur für leichte Kursrückgänge entschädigen. Unter den Dividendenaristokraten lassen sich auch jene begehrte Unternehmen finden, die aus Krisenphasen gestärkt hervorgehen. Denn hinter manchen der Dividendenaristokraten stecken besonders stabile Geschäftsmodelle, die ihre attraktiven Ausschüttungen erst ermöglichen. Unter diesen Titeln lässt sich somit auch gezielt nach Qualitätsaktien fischen.

Qualität: Warren Buffetts wahrer Renditetreiber

Für Qualitätsinvestments gibt es einige vielversprechende Fonds, auf die Anleger zurückgreifen können. Die besten Manager von Qualitätsaktienfonds haben sowohl die Profite der Firmen im Auge als auch deren Wachstum. Qualität ist übrigens auch der Schlüssel zum Erfolg von Warren Buffetts Anlagestrategie. Buffett ist bekanntlich eine Koryphäe des Value Investings. Wie es für einen Value-Investor üblich ist, achtete er zwar auf die Unternehmensgewinne seiner Anlagen, allerdings setzt er zusätzlich auch gesunde Bilanzen voraus. Laut der Analyse einer Schweizer Privatbank sei sein Fokus auf Qualität – nicht Value – zwischen 1977 und 2016 sogar der ausschlaggebende Faktor für die Mehrrenditen von Buffetts Investmentfirma Berkshire Hathaway gewesen. Qualität hat ihren Preis. Für Anleger könnten sich aber aus den volatilen Märkten noch gute Kaufgelegenheiten ergeben, wenn in schwierigen Marktphasen auch langfristig hochwertige Unternehmen kurzfristig übertrieben abgestraft werden. Wer dann solide Unternehmen oder einen guten Fonds auf seiner Watchlist hat, der braucht nur noch beherzt zuzugreifen. Oder, um es in Buffetts Worten zu sagen: „Gute Gelegenheiten sind selten. Stell‘ den Eimer raus, wenn es Gold regnet (…)“ Wann genau der richtige Zeitpunkt gekommen ist, muss aber natürlich jeder Anleger für sich selbst entscheiden.

Tim Bröning ist seit 2009 in der Geschäftsleitung der Fonds Finanz Maklerservice GmbH und verantwortlich für den Bereich Non-Insurance, Finance & Legal.

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