Norbert Porazik: „Wir sind weit weg von einem monopolistischen Markt“

Foto: Alexander von Spreti
Norbert Porazik

Cash.-Interview mit Norbert Porazik, geschäftsführender Gesellschafter der Fonds Finanz, über seine Erkenntnisse aus der Coronakrise, das Rennen unter den führenden Maklerpools und die Zukunftsfähigkeit des Maklerberufs

Die Fonds Finanz konnte den Rohertrag 2021 um 17,78 Prozent auf 51 Millionen Euro steigern, bei Provisionserlösen in Höhe von 220,8 Millionen Euro. Mit welchen Gedanken blicken Sie auf das abgelaufene Geschäftsjahr?

Porazik: Durch die Bank nur mit positiven, denn wir haben sehr viel bewegt und erreicht. In 2021 haben wir es trotz aller Herausforderungen geschafft, in allen Sparten organisch zu wachsen. Damit haben wir erneut ein Rekordergebnis im Umsatz erzielt und unseren Gewinn im Vergleich zum Vorjahr gesteigert. Durch neue Initiativen im Vertrieb haben wir einen zusätzlichen Wachstumsschub erhalten.

Welche Erkenntnisse haben Sie in den letzten beiden Corona-Jahren für die Zukunft Ihres Unternehmens und der Branche gewonnen?

Porazik: Innerhalb der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche haben wir gesehen, dass in Sachen Digitalisierung noch sehr viel möglich ist und man sich zu viel Zeit damit gelassen hat. Der Druck durch Corona hat als Treiber der Digitalisierung sehr gut funktioniert. Diese Geschwindigkeit ist für die Branche und für uns als Marktführer das richtige Tempo, um fit für die Zukunft zu bleiben. Daran arbeiten wir mit sehr viel Elan und sind stolz darauf, mit welcher Einsatzbereitschaft unsere Belegschaft in den vergangenen Jahren die Fonds Finanz auf der Erfolgsspur gehalten hat.

Ende letzten Jahres hat der Einstieg des britischen Investors Hg für ein großes Echo in der Branche gesorgt. Wie haben Ihre Vertriebspartner auf den Deal reagiert? Zunächst schien es ja durchaus Verunsicherung zu geben.

Porazik: Unsere Vertriebspartner waren im Großen und Ganzen mit der Entscheidung sehr zufrieden. Um unsere Makler so gut wie möglich zu erreichen, sind wir über alle denkbaren Kanäle mit ihnen in den Dialog getreten. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass wir unsere Makler bestmöglich informieren und ihnen zeigen, warum dieser Schritt so wichtig ist und vor allem, dass sie davon nur profitieren können. Hg begleitet uns bei unseren Wachstumsplänen und unterstützt mit einem sehr starken Netzwerk – vor allem bieten sie wertvolle Kontakte zu hochkarätigen IT-Spezialisten, die ein immenses Know-how mitbringen.

Einige Ihrer Mitbewerber fanden weniger freundliche Worte für den Einstieg von Hg und warnten vor einem „monopolistischen Markt“. Können Sie die Kritik nachvollziehen?

Porazik: Meistens hängt das stark davon ab, welche Position der Kritiker einnimmt. Dass sich international tätige Private-Equity-Investoren für deutsche Pools interessieren, mag auf den ersten Blick zunächst verunsichern. Dabei ist das ein gutes Zeichen, denn das spricht für einen gesunden Markt mit Wachstumsperspektiven. Ich stelle mir eher die Frage, ob die Kritik wirklich von allen Wettbewerbern so von Nöten war. Vor allem wenn man bedenkt, dass nur ein gutes halbes Jahr später bei einem unter ihnen nun ein amerikanischer Investor mit im Boot sitzt. Die aktuelle Situation mit zwei großen Maklerpools und jeweils unterschiedlichen Investoren zeigt uns doch, dass wir weit weg von einem „monopolistischen Markt“ sind. Das Rennen unter den führenden Maklerpools bleibt spannend und wir freuen uns über einen starken Wettbewerb.

Wie weit sind Sie denn mit Ihrem Vorhaben, gemeinsam mit Hg mit gezielten Firmenübernahmen „den Maklerpool der Zukunft“ aufzubauen?

Porazik: Wir führen bereits seit Anfang des Jahres intensive Gespräche. Eines unserer Ziele ist es, die technische Expertise der Fonds Finanz dort zu stärken, wo sie noch Optimierungsbedarf hat. Aus diesem Grund sind vor allem Software-Häuser interessante Gesprächspartner für uns. Mit einigen Anbietern sind die Gespräche schon sehr weit fortgeschritten – aber noch ist nichts spruchreif. Sobald alle Deals unter Dach und Fach sind, werden wir alle unsere Partner dazu informieren. Lange wird es sicherlich nicht mehr dauern.

Sie haben eine eigene Bestandsbörse angekündigt, über die Bestände aufgekauft und an Ihre besten Makler verteilt werden sollen. Wie ist da der aktuelle Stand?

Porazik: Die Initiative „Bestandskauf durch die Fonds Finanz“ ist bereits umgesetzt und kam bei unseren Vermittlern sehr gut an. Vor Kurzem haben wir erste Bestände gekauft, die wir nun an unsere besten Makler weitergeben. Dank des Konzepts werden die Kunden und deren bestehenden Verträge bestmöglich betreut und es ergibt sich eine Win-win-win-Situation für alle Beteiligten. Das Projekt spricht auch Makler an, die ihr berufliches Lebenswerk für den Ruhestand nutzen möchten und keine adäquate Nachfolge gefunden haben. Und während sich die eine Generation mit der Ruhestandsplanung beschäftigt, können wir jungen Maklern mit viel Potenzial den Weg in die Branche erleichtern. Mit der Initiative hilft die Fonds Finanz, den Generationenwechsel im Maklermarkt voranzutreiben und macht den Einstieg neuer Makler in die Branche bzw. den Umstieg aus dem Strukturvertrieb in die freie Maklerschaft extrem attraktiv.

Seit Anfang August müssen die Präferenzen der Kunden in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit abgefragt werden. Zuletzt gab es einige Querelen um die neue Abfragepflicht, zum Beispiel aufgrund der Frage, ob sie auch für Finanzanlagenvermittler mit Zulassung nach Paragraf 34 f Gewerbeordnung gilt oder nicht. Votum-Chef Martin Klein hat deshalb kritisiert, am schlechtesten auf das Thema vorbereitet seien Gesetzgeber und Aufsicht. Stimmen Sie ihm da zu?

Porazik: Die Kritik von Herrn Klein lässt sich nicht so einfach von der Hand weisen. Immerhin steht schon seit geraumer Zeit fest, dass Makler ab dem 2. August 2022 die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden abfragen müssen. Dass allerdings 34f-Vermittler dieser Pflicht nicht unterliegen, wurde erst kurz vorher bekannt. Diese regulatorische Schieflage zwischen 34d- und 34f-Vermittlern ist äußerst unbefriedigend. Daher ist davon auszugehen, dass auch für 34f-Vermittler die Abfrage zur Nachhaltigkeitspräferenz zur Pflicht wird. Dafür müsste allerdings die Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) entsprechend abgeändert bzw. angepasst werden.

Wie haben Sie Ihre Vertriebspartner auf das Thema ESG vorbereitet?

Porazik: Wir haben unterschiedliche Maßnahmen getroffen, die unsere Makler bestmöglich im Arbeitsalltag unterstützen. Allen voran stehen wir in engem Kontakt zu Softfair, dem Entwickler unserer Beratungs- und Vergleichssoftware. So wurde dort frühzeitig die Geeignetheitsprüfung um die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen ergänzt, damit die Abfragekriterien in dem gewohnten Beratungsprozess unserer Makler dargestellt werden können. Zudem haben wir dazu auf unserer Homepage eine eigene Landingpage erstellt, die laufend aktualisiert wird und unsere Makler so die neusten Entwicklungen mitverfolgen können. Dort finden unsere Vermittler zudem allgemeine und gesellschaftsspezifische Informationen zum Thema ESG und zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen.

Zum Schluss noch der Blick voraus: Welche Ziele haben Sie sich für das laufende Geschäftsjahr gesetzt?

Porazik: Wir erwarten für das laufende Geschäftsjahr wieder ein deutliches Wachstum auf etwa 270 Millionen Euro Umsatz. Und wie bereits angekündigt sind Zukäufe im Tech-Bereich geplant, um die Digitalisierung im Sinne unserer Makler auf ein neues Level zu heben.

Ihr neues Beiratsmitglied Thomas Fornol sagte bei seinem Amtsantritt, Sie hätten spannende Pläne für die technische und vertriebliche Weiterentwicklung. Welche sind das?

Porazik: Mit dem Launch unserer neuen Online-Plattform im Sommer 2022 haben wir einen riesigen technischen Entwicklungsschritt gemacht. Dazu haben wir nicht nur die Oberfläche unserer Plattform komplett neu gestaltet, sondern insbesondere die Datenverfügbarkeit und deren Qualität auf ein neues Niveau gehoben. Die Fonds Finanz ist seit 25 Jahren am Markt und fast die Hälfte der Zeit davon als Marktführer. Unsere ungeheure Menge an Daten zukunftsfähig zu machen, war eine immense Herausforderung. Aber das ist erst der Anfang. In den kommenden Jahren werden wir diese Plattform zur „Allumfassenden Maklerplattform“ weiterentwickeln, die aufgrund ihrer Marktdurchdringung die branchenprägende Plattform sein wird. Hierfür stellen wir gemeinsam mit Hg die Weichen, indem wir uns zielgerichtet das Know-how in die Firmengruppe holen, das uns dabei unterstützt. Vergessen werden darf dabei aber nie, dass die Fonds Finanz auch deshalb so erfolgreich ist, weil wir unseren Vertriebspartnern ein Betreuungskonzept bieten, das auf persönlichen Kontakt zu unseren hauseigenen Experten beruht. Die Kombination aus dem besten Service gepaart mit der besten Technik wird der Fonds Finanz eine großartige und nachhaltige Zukunft bescheren.

Die Digitalisierung schreitet immer weiter voran, was bedeutet das für die Zukunftsfähigkeit des Maklerberufs?

Porazik: Eine Zukunft ohne Digitalisierung ist heute nicht mehr denkbar und sie kommt dem Maklerberuf nur zugute. Makler sind top qualifizierte Lebensberater für Kunden, die Sorge für die Sicherheit und den Wohlstand ihrer Kunden tragen. Wir sehen alle, dass die Risiken mit Blick auf Klima, Kriege, Energie und Inflation immer größer werden und das Bedürfnis nach Sicherheit in der Bevölkerung weiter zunimmt. Makler werden also auch in Zukunft gebraucht und gewinnen ihre Kunden vor allem dank ihrer Expertise bei beratungsintensiven Produkten. Die Digitalisierung hingegen unterstützt die Vermittler dabei, weniger komplexe Produkte schnell zum Abschluss zu bringen und bei der Bewältigung administrativer Aufgaben. Mit einem starken Maklerpool an der Seite, der seine Makler mit der entsprechenden Technik und der Fachkompetenz aller relevanten Sparten unterstützt, steht dem Maklerberuf auch in Zukunft nichts im Weg – ganz im Gegenteil: Wer der die Digitalisierung als Chance sieht, wird letztlich nur davon profitieren.

Die Fragen stellte Kim Brodtmann, Cash.

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